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Geldanlage Es geht wieder aufwärts mit den Preisen...

...dagegen lassen die Zinsanhebungen der Notenbanken weiter auf sich warten. Von Nadine Oberhuber
Geldanlage: Es geht wieder aufwärts mit den Preisen...

Nadine Oberhuber ist Wirtschafts- und Finanzjournalistin. Sie schreibt auf Capital.de über Geldanlagethemen

Irgendwann verliert selbst das größte Monster seinen Schrecken. Zumindest dann, wenn alle jahrelang davor warnen, dass es nun bald auftauchen und erbarmungslos zuschlagen werde – und dann lässt es sich doch nicht blicken. Nicht mal ein kleines Bisschen. So war es seit 2008 mit der Inflation. Zuletzt schien ihre Rückkehr innerhalb der kontinentaleuropäischen Welt ähnlich wahrscheinlich wie das Auftauchen des Yetis. Muss man also wirklich vor etwas Angst haben, das gar nicht existiert?

Muss man nicht, dachten sich viele und hielten es stattdessen für realistischer, dass genau das Gegenteil eintreten werde – die Deflation. Sie nämlich gilt als der viel größere Feind jeder gesunden Wirtschaftsentwicklung. Das Beispiel Japan exerzierte es jahrelang vor: Dort, wo der Konsum zum Erliegen kommt, weil das Angebot groß, die Nachfrage aber klein ist und die Preise sinken, dort halten alle ihr Geld noch mehr zurück. In der Hoffnung auf weiter fallende Preise und die noch größere Kaufkraft von morgen schieben nicht nur Privatleute ihre Ausgaben auf, sondern erst recht Unternehmer. Die Investitionsbereitschaft schmilzt dahin und macht damit die Entwicklungspotenziale der Zukunft zunichte. Die Wirtschaft lahmt. So sehen Horrorszenarien aus und die Befürchtung, Europa könne jahrelang von so einer Deflation heimgesucht werden, war groß. Bis jetzt.

Bescheidener Anstieg der Inflation

Nun scheint sich alles rasant ins Gegenteil zu verkehren, denn die alte Angst vor der Inflation ist wieder da: Die Teuerungsraten sind so hoch wie seit zwei Jahren nicht mehr, meldeten die Wirtschaftsticker vergangene Woche. Im Euroraum verzeichne man die höchste Rate seit Oktober 2014. In den USA und in Großbritannien hätten die Verbraucherpreise auch bereits rasant angezogen. Dagegen nahmen sich zwar die realen Zahlen recht bescheiden aus, denn EU-weit liegt die Inflation bei 0,4 Prozent, in Deutschland sind es mit 0,5 Prozent nur unwesentlich mehr. Doch die Prognosen des internationalen Währungsfonds IWF für 2017 hören sich ungleich dramatischer an: Bereits im kommenden Jahr soll die deutsche Preissteigerung wieder 1,5 Prozent erreichen. Andere Länder kommen dann schon auf zwei oder Prozent und mehr, die USA und Großbritannien etwa. Im Grunde wären das keine erschreckenden Zahlen, denn in den 90er Jahren lagen die Inflationsraten hierzulande noch bei 4,5 bis 5 Prozent. Aber heute ist vieles anders als damals.

Zusätzliche Ängste schüren die amerikanische Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB). Zuletzt haben sie immer weiter Liquidität in die Märkte gepumpt in Form von vielen weiteren Milliarden Euro und Dollar. Sie haben damit die Kurse von Aktien und Anleihen enorm in die Höhe getrieben, die von Immobilien ebenso. Denn das waren die Teilbereiche der Finanzmärkte, in die das ganze neue Geld floss – in Ermangelung anderer zinsbringender Alternativen. Steigt nun die Inflationsrate allüberall, so werden sich die Zentralbanken gezwungen sehen, ihre Zinsen ebenfalls anzupassen. Dazu haben sie sich zumindest in ihren Leitsätzen verpflichtet. Die Stabilität des Geldes gilt etwa der EZB als oberstes Gebot und eine Teuerungsrate von rund zwei Prozent war bisher immer ihr erklärtes Ziel. Gut möglich also, dass sie irgendwann wahrmachen wird, was sie nun schon seit Jahren ankündigt: den Wechsel in der Zinspolitik.

Man muss nicht groß fragen, was angesichts der Inflationsdaten bereits in den vergangenen Tagen an den Märkten passierte: Richtig, sie gerieten mächtig in Bewegung. Zuhauf zogen sich Großinvestoren aus Anleihen zurück. Denn sie werden im Falle eines Zinsschritts die ersten sein, die heftig reagieren, weil viele fürchten, dass dieser Markt längst hoffnungslos überbewertet ist durch das viele Zentralbankgeld. Und weil bei ihnen Zinsen und Kurse so untrennbar aber gegenläufig miteinander verbunden sind. Das hieß in der vergangenen Woche: Die Rendite deutscher Staatsanleihen machte einen Satz nach oben – wenn man 0,1 Prozent wirklich als „oben“ bezeichnen will, zumindest war es aber nach den Negativrenditen der Wochen zuvor der höchste Stand seit Juni. Die Kurse strebten gegenläufig in den Keller. Das ist nun schlecht für diejenigen Investoren, die angesichts der Minizinsen der Anleihen darauf spekuliert hatten, wenigsten noch mit Kursgewinnen bei Staatsanleihendeals auf ihre Kosten zu kommen.

Höhere Anlagezinsen sind nicht in Sicht

Heben die Notenbanken tatsächlich irgendwann wieder die Zinsen an, dann könnte das weitere heftige Turbulenzen an den Anleihemärkten auslösen. Immerhin jeder fünfte Großanleger erwartet augenblicklich genau das, nämlich einen Crash am Anleihenmarkt. Viele befürchten auch herbe Rücksetzer bei den Aktienkursen. Denn mit dem Ende des billigen Geldes würden auch die Aktien einbüßen. Insgesamt rechnen laut Umfragen 82 Prozent der Profianleger bald mit Verlusten.

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Und die Privatsparer? Warten viele von ihnen nicht schon lange auf wieder steigenden Zinsen? Schließlich sind klassische Zinsanlagen wie Sparbücher (ja, die gibt es immer noch zuhauf), Tagesgeldkonten und Sparpläne immer noch die beliebtesten Finanzprodukte der Bundesbürger, da kämen doch ein paar Prozentpunkte mehr gerade recht. Doch vor allzu großer Freude sei an dieser Stelle gewarnt. Bis sich die steigenden Teuerungsraten tatsächlich in höheren Anlagezinsen niederschlagen, werden wohl noch Jahre vergehen.

Es ist eher nicht damit zu rechnen, dass die Notenbanken schon im kommenden Jahr weit von ihrer bisherigen Nullzinspolitik abweichen werden. Es werden eher Trippelschritte sein. Und der erste davon ist in Europa nicht einmal gemacht. Zu groß ist die Gefahr, mit einem übereilten Zinsschritt die fragilen Märkte arg zu stören. Das gilt für die aufkeimenden Impulse in den Volkswirtschaften, deren vorsichtiges Wachstum keiner abwürgen will. Denn einige davon sind gerade erst wieder schleppend in Schwung gekommen, allen voran die amerikanische.

Das Geld wird weniger wert

Es gilt aber erst recht für das Gebilde der Staatsfinanzierungen, denn viele Schwellenländer würden ein rasches Anheben der Zinsen gar nicht verkraften. Sie liefen Gefahr, ihre Kredite nicht zurückzahlen zu können. Einige schlidderten gar auf die Pleite zu, wer will das schon riskieren?

Vorerst sieht die bittere Wahrheit für Anleger so aus: Das Geld wird weniger wert. Es wirft weiterhin so gut wie keine Zinsen ab, während steigende Energiepreise, Mieten und Dienstleistungskosten seine Entwertung zusätzlich vorantreiben. Im Grunde haben Sparer also keine andere Wahl, als auf den Märkten aktiv zu bleiben, denen bei steigenden Zinsen Turbulenzen bevorstehen, den Aktienmärkten. Staatsanleihen dürften die wenigsten cleveren Anleger noch in ihren Depots haben und wenn, dann wäre es tatsächlich jetzt eine Überlegung wert, die hohen Kursgewinne mitzunehmen.

An Aktien aber führt kein Weg vorbei. Ein möglicher Einbruch wäre nicht der erste und er wäre – wenn man ein paar Jahre Zeit hat, die Kurse wieder klettern zu lassen – auch verkraftbar, wie so viele andere auch. Kurzfristanleger wird das nicht trösten. Aber denen hilft vielleicht ein anderer Satz: nicht jedes Monster, was andere an die Wand malen, muss auch wirklich mal auftauchen.

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