Ein Blick auf den Aktienkurs von Tesla offenbart die groteske Differenz zwischen kurzfristiger und langfristiger Sichtweise. Seit Januar konnte der Kurs mehr als 70 Prozent zulegen, die Aktie ist ein absoluter Highflyer. Auf kurze Sicht aber ist Tesla ganz schön unter die elektrisch betriebenen Räder gekommen. Wer Anfang November eingestiegen ist, sitzt auf rund 20 Prozent Verlust. Nicht jeden Hype mitmachen, nicht in jeden Hype am Ende noch hineinkaufen – das ist eine wesentliche Lehre für 2022.
Wert und Preis einer Sache spielen obendrein eine wichtige Rolle. Bei Apple geht der Preis Richtung dritte Billion, selbst in Euro gesprochen. Die Aktie hat 2021 mehr als 50 Prozent Performance zu bieten. „Aktien wie Apple, Microsoft oder Alphabet dienen einigen Investoren mittlerweile als Bond-Ersatz“, analysiert Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets.
Wenige halten Index oben
Auch Franz-Georg Wenner vom Anlageportal Index-Radar hat passende Daten zur Hand. „Während viele US-Technologieaktien Kurskorrekturen von 20 oder mehr Prozent hinter sich haben, notieren Apple, Microsoft und Google nur minimal unter Rekordlevel“, so der Experte. Durch die hohe Gewichtung der Top-Aktien im Nasdaq 100 liegt der Gesamtindex nur gut 4 Prozent unter seinem Rekordstand. Apple, Microsoft und Google machen mit Nvidia, Tesla, Netflix, Facebook und Adobe deutlich mehr als 50 Prozent des Indexgewichts aus.
Dabei rumort es auch in diesem Börsenjahr unter der Oberfläche ganz schön. „Peloton, Uber, Zoom, Teladoc, Airbnb, Match Group, Paypal oder Visa und Mastercard sind nur ein paar Beispiele für Aktien, die technisch gesprochen in einen Bärenmarkt übergegangen sind“, so RoboMarkets-Experte Molnar. Dies erklärt auch, warum die Stimmung so stark gesunken ist, während man beim Blick auf S&P 500 oder Nasdaq auf den Gedanken kommen könnte, dass doch alles in bester Ordnung sei. Die Neigung, Put-Optionsscheine gegen fallende Kurse und für eine Absicherung zu kaufen ist in den ersten Dezember-Wochen in den USA merklich gestiegen.
Stimmung war schon besser
Zugleich ist die Stimmung der Anleger im Börsenjahr vom November-Euphorielevel aus betrachtet ziemlich in den Keller gegangen. Für den Übergang ins Jahr 2022 ist dies aber konstruktiv. Stefan Riße, Kapitalmarktexperte der Fondsgesellschaft Acatis, erklärt es so: „Der Übergang von einer sehr offensiven Geldpolitik zu einer restriktiveren Handlungsweise ist mitunter etwas holprig. Die ersten Zinserhöhungen sind historisch aber nicht zwingend schlecht für Aktienmärkte.“ Genau diese Zinsphantasie war es nämlich zuletzt, die viele Aktien ins Trudeln brachte.
Kurios ist übrigens der Blick auf Amazon. Gerade die Corona-Zeit sollte dem Titel in die Karten spielen. Im Trio mit Apple und Tesla fällt Amazon aber weit zurück. Seit Jahresbeginn stehen nicht einmal zehn Prozent Kursplus. Manches kommt eben anders als man denkt.
Daniel Saurenz betreibt mit seinem Team das Börsenportal Feingold Research. Es bietet täglich einen Börsenbrief an, den Sie für 14 Tage kostenfrei testen können. Melden Sie sich unter info@feingold-research.com an oder probieren Sie den Börsendienst unter diesem Link aus. Trainingstage und Coachings finden Sie NEU unter feingold-academy.com