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Altersvorsorge Deutsches Rentensystem: Gefangen im Mittelmaß

Symbolbild Rente
Symbolbild Rente
© IMAGO / photothek
Viele Deutsche wünschen sich eine Rentenreform. Die wäre auch dringend nötig, zeigt eine neue Studie der Allianz. Im internationalen Rentenvergleich schneidet Deutschland nämlich schlecht ab

Die Weltbevölkerung wird immer älter. Darauf sind viele Rentensysteme nicht vorbereitet – auch das deutsche nicht, zeigt der Allianz Global Pension Report 2020 . Für die Studie haben Experten des Versicherungskonzerns die Rentensysteme 70 verschiedener Länder auf Fairness und Zukunftsfähigkeit untersucht – mit traurigem Ergebnis für Deutschland: Die Bundesrepublik hat es nur auf Platz 26 geschafft. Dass ein gutes Rentensystem nichts mit einer prall gefüllten Staatskasse zu tun haben muss, zeigen die letzten Plätze. Dort finden sich neben armen Ländern wie Laos und dem Libanon auch reiche Ölnationen wie Saudi-Arabien und Katar. In die Top Ten gelangten allerdings ausschließlich Industriestaaten.

Der wenig überraschende Sieger ist, wie in vielen Rentenstudien, Schweden – dicht gefolgt von Belgien und Dänemark. Die drei Staaten belegen zwar nicht bei allen Themen Spitzenränge, punkten aber mit einem insgesamt guten System. Von diesen Staaten kann sich Deutschland also in puncto Rente noch einiges abschauen. Was sie und andere Länder besser machen als die Bundesrepublik, haben die Forscher anhand von drei Kategorien untersucht:

Demografische und fiskalische Grundvoraussetzungen

Beim Thema Rente ist die Demografie der Knackpunkt. Am einfachsten ist es für ein Rentensystem, wenn es viele Junge gibt, die für wenige Alte aufkommen – also eine klassische Umlagefinanzierung, wie es sie auch in Deutschland gibt. Die Rechnung geht mit steigender Lebenserwartung aber immer weniger auf. Lediglich in afrikanischen Ländern ist nach wie vor der Anteil junger Menschen sehr hoch. Nur sechs Prozent der Bevölkerung dort sind älter als 65 Jahre, zeigen Zahlen der UN. Zusätzlich haben die meisten afrikanischen Länder weniger Schulden als Industriestaaten und können deshalb ihre Rentenkassen besser subventionieren.

Für viele europäische und asiatische Länder ist nach Ansicht der Forscher der Zug schon abgefahren. Denn je älter die Bevölkerung und je höher die Schulden, desto schwieriger wird es, gegenzusteuern. Die besten Voraussetzungen für ein gutes umlagefinanziertes Rentensystem haben dem Allianz-Report zufolge Nigeria, die Philippinen und Laos: niedrige Schulden, junge Bevölkerung. Für Deutschland gibt es dagegen nicht mehr viel Spielraum und darum Platz 56 in dieser Kategorie.

Nachhaltigkeit

Rentensysteme lassen sich nicht von heute auf morgen umbauen. Umso wichtiger ist es, dass sie gut für künftige Veränderungen gerüstet, also nachhaltig konzipiert sind. Die Autoren des Allianz-Reports haben sich angeschaut, ob es eingebaute Stabilisatoren gibt oder das System unter verschärften Bedingungen wie einer überalterten Bevölkerung kollabiert. Eine wichtige Stellschraube dabei ist die Regelaltersgrenze . Liegt sie bei einer fixen Marke, wie in Deutschland, kann das schnell zu Problemen führen. Während die Gesellschaft weiter altert, kommen immer mehr Rentner auf einen Erwerbstätigen. Also muss der Staat die Rentenkasse bezuschussen, was wiederum zu noch mehr Schulden führt.

Indonesien zeigt, wie es besser geht: Dort steigt das gesetzliche Rentenalter schrittweise von 57 auf 65 Jahre und passt sich damit der alternden Bevölkerung an. Zusätzlich hat die indonesische Regierung beschlossen, von einem umlagefinanzierten System zu einer leistungsbezogenen Alterssicherung zu wechseln. Das indonesische Rentensystem dürfte also selbst dann nicht kollabieren, wenn der Anteil der Senioren rasant steigt. Deutschland hingegen ist mit seiner starren Regelaltersgrenze in Kombination mit der umlagefinanzierten Rente nicht gut aufgestellt und schafft es deshalb in der Kategorie Nachhaltigkeit nur auf Platz 21.

Angemessenheit

In der dritten Auswertungsrunde haben sich die Allianz-Forscher angesehen, ob Rentensysteme einen angemessenen Lebensstandard im Alter sicherstellen. Entscheidend hierbei ist, wie viele Menschen vom System erfasst werden und in den Rententopf einzahlen sowie später Rente erhalten. Auch die Rentenhöhe und ob es weitere Säulen neben der gesetzlichen Rente gibt spielt eine wichtige Rolle.

In dieser Kategorie schneiden Neuseeland, die Niederlande und Japan am besten ab. Alle drei Länder bieten Erwerbstätigen nach Ansicht der Allianz-Forscher starke zweite und dritte Säulen, die dabei helfen, eine auskömmliche Rente aufzubauen. Deutschland liegt nur auf Rang 24. Zwar gibt es hierzulande ebenfalls drei Säulen. Dennoch ist das allgemeine Rentenniveau im internationalen Vergleich niedrig.

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