Die gute Nachricht ist: Die Deutschen werden statistisch gesehen immer älter. Die schlechte: Die steigende Lebenserwartung belastet die Rentenkassen. Politiker und Experten mahnen, dass die sogenannte Regelaltersgrenze steigen muss. Aktuell liegt sie bei 65 Jahren und acht Monaten. Ab 2031 gibt es eine abschlagsfreie Altersrente erst ab 67 Jahren. Damit das deutsche Rentensystem nicht kollabiert, müssten die Deutschen sogar noch später in den Ruhestand gehen, rechnet die Bundesbank vor . Sie schlägt vor, die Regelaltersgrenze an die Lebenserwartung zu koppeln: Steigt die durchschnittliche Lebenserwartung weiter, sollen die Bürger auch länger erwerbstätig bleiben.
In anderen Ländern ist exakt dieses Modell schon längst gang und gäbe, etwa in Finnland, den Niederlanden und Dänemark. Während Angehörige des Jahrgangs 1964 in Deutschland mit 67 Jahren in Rente gehen, müssen Dänen mit demselben Geburtsjahr bis zu ihrem 68. Geburtstag arbeiten. Wann die nach 1967 geborenen Dänen Anspruch auf den gesetzlichen Ruhestand haben, ist noch ungewiss. Kopenhagen hält sich ab 2030 weitere Anpassungen an die steigende Lebenserwartung offen. Im Durchschnitt sollen dänische Pensionäre 15 Jahre lang „Folkepension“ beziehen. Hält die Regierung an ihrem Beschluss aus dem Jahr 2016 fest, würden heute 24-jährige Dänen erst mit 74 in Rente gehen, zeigen Zahlen der OECD. Damit hat das skandinavische Land momentan das mit Abstand höchste Rentenalter aller OECD-Staaten.
Österreicher können ihre Rente am längsten genießen
Die Niederländer gehen es etwas geruhsamer an. Ab dem Jahr 2025 bestimmt auch hier die errechnete Lebenserwartung das Renteneintrittsalter. Heute 24-Jährige müssen laut aktuellen Daten etwa bis zu ihrem 70. Geburtstag arbeiten – immerhin vier Jahre weniger als in Dänemark. Da das Rentenalter für nach 1959 Geborene noch nicht gesetzlich verankert ist und daher schwanken kann, rät die niederländische Sozialversicherungsbank zu einem regelmäßigen Check. Jeden Januar sollen Niederländer mit dem Rentenrechner überprüfen , wann sie voraussichtlich in Rente gehen können.
Wen solche langen Erwerbszeiten schockieren, der könnte nach Österreich auswandern. Aktuell liegt das Rentenalter für Frauen dort bei 60 Jahren. Gemessen an der aktuellen Lebenserwartung bleiben den Österreicherinnen damit fast 27 Jahre Ruhestand – Rekord im OECD-Raum. Männer müssen in der Alpenrepublik bis 65 arbeiten, ihnen bleiben dann im Schnitt noch 18 Jahre zum Füße hochlegen. Die einzige derzeit geplante Anhebung des Renteneintrittsalters in Österreich betrifft denn auch weibliche Arbeitnehmer: Künftig sollen sie ebenso lange arbeiten müssen wie Männer.
Einen frühen Ruhestand und vergleichsweise hohe Renten können sich die Österreicher unter anderem deshalb leisten, weil dort mehr Menschen in die Rentenkasse einzahlen. In den vergangenen Jahrzehnten hat der Staat den Kreis der Einzahler systematisch auf Unternehmer und Selbstständige ausgeweitet. Seit 2005 zahlen sogar neu vereidigte Beamte in die gesetzliche Rentenkasse ein – ein Tabuthema in Deutschland. Das Beispiel Österreich zeigt: Staaten können die wachsende Belastung für die Rentenkassen auch anders kompensieren als über ein steigendes Renteneintrittsalter.
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