Rund 16.600 Zähler brachte der Dax im Frühsommer aufs Parkett ehe die beiden Herbstmonate September und Oktober ihn deutlich unter 15.000 drückten. Zehn Prozent Korrektur vom Jahreshoch sind völlig normal und gehören in jedem Aktienjahr eigentlich dazu. In der zweiten Reihe vollzieht sich jedoch ein wahres Kursgemetzel.
„Der MDax notiert mittlerweile bei 24.000 Punkten und somit 12.000 Zähler unter seinem Rekordhoch von 36.000“, sagt Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets zum Kursverfall von Aktien wie Thyssenkrupp, Dürr, Lanxess oder ProSiebenSat1 – allesamt im MDax enthalten. „Nicht besser kommt der SDax daher, dessen Hoch bei 17.500 Punkten liegt und der auf 12.000 zurückgefallen ist“, so der Experte. Aktien wie Varta, Verbio oder PNE stehen stellvertretend für den Rückgang. „Bei den Bewertungen sind vielfach einstellige Kurs-Gewinn-Verhältnisse zu sehen“, stellt Franz-Georg Wenner vom Börsendienst Indexradar fest.
Dax ebenfalls günstig – eigentlich…
Beim Dax ist die Lage ähnlich. An den europäischen Börsen hat die Korrektur der vergangenen Wochen deutliche Spuren bei den Aktienbewertungen hinterlassen. So wird der Dax mittlerweile mit einem KGV-Abschlag von rund 45 Prozent gegenüber dem S&P 500 gehandelt – ein Rekordwert. „Auf Indexebene hat der deutsche Aktienmarkt mit einem KGV von rund 10,5 die Grenze zur Unterbewertung erreicht“, so Salah-Eddine Bouhmidi vom Broker IG. Zur Einordnung: Nimmt man den Zehn-Jahres-Durchschnitt von knapp 14 als Maßstab, wäre der Dax erst im Bereich von 19.000 fair bewertet.
Während Zinsen und geopolitische Risiken derzeit klar im Fokus stehen, können sich die Pessimisten auf dem Parkett also zumindest nicht mehr auf eine zu hohe Bewertung berufen. Dennoch sollten Anleger genauer hinschauen. Für die großen US-Schwergewichte muss man nach wie vor tief in die Tasche greifen. „Ein gutes Beispiel ist Apple mit einem KGV von 29. So teuer war die Aktie zuletzt Ende 2020“, sagt Molnar.
Doch der breite Markt erscheint wieder attraktiver. Stabile bis leicht steigende Gewinnschätzungen bei fallenden Aktienkursen drückten das KGV des S&P 500 von 21 auf knapp 18. Die Richtung stimmt also, aber der Index ist immer noch teurer als im langfristigen Durchschnitt. „Die Performance 2023 sähe jedoch sehr schlecht aus, rechnete man die sieben größten Techtitel heraus“, so Wenner.
Kehrseite – die Gewinne müssen beständig bleiben
Solche theoretischen Rechenspiele sind natürlich hinfällig, wenn die Unternehmen nicht liefern und auf der Gewinnseite enttäuschen. Mit Adidas und SAP konnten zuletzt zwei Dax-Konzerne überzeugen und auch der Kapitalmarkttag bei Merck kann als Erfolg verbucht werden. Gleichzeitig liegt die Messlatte eher niedrig: Seit Ende Juni sind die Gewinnprognosen auf Indexebene für 2023 und 2024 um gut zwei Prozent gesunken.
Doch auch ohne die volatilen Gewinne sieht der Dax auf dem Papier attraktiv aus. „So liegt das Kurs-Buchwert-Verhältnis mit 1,3 auf einem historisch niedrigen Niveau, hinzu kommt eine immer noch hohe Dividendenrendite von über vier Prozent“, sagt Molnar. Blickt man über den heimischen Tellerrand hinaus, findet man keinen europäischen Aktienmarkt, der mit einem Faktor von unter 12 so günstig bewertet ist wie zuletzt Ende 2022 oder Anfang 2013.