Anzeige

Ampel am Ende Dax-Anleger sind erleichtert über Koalitions-Aus: Die Kurse steigen

Bundeskanzler Olaf Scholz wird von seinen SPD-Genossen nach dem Ampel-Aus bejubelt
Bundeskanzler Olaf Scholz wird von seinen SPD-Genossen nach dem Ampel-Aus bejubelt
© Bernd Elmenthaler / Picture Alliance
Ökonomen erhoffen sich von Neuwahlen eine Regierung, die mit einem ordentlichen Wirtschaftsprogramm die Konjunktur in Deutschland wieder anschiebt. Der Dax spiegelt das und startet gut in den Tag. Das muss aber nicht so bleiben

Am Markt macht sich Erleichterung über den sich anbahnenden Regierungswechsel breit. Der deutsche Leitindex Dax reagierte am Donnerstagmorgen zunächst positiv auf die Auflösung der Ampel-Regierung und die Aussicht auf Neuwahlen. Noch deutlicher ins Plus drehten die beiden Nebenwerte-Indizes MDax und SDax, Investoren setzen nun auf einen wirtschaftspolitischen Neuanfang in Deutschland und ein Ende der Stagnation. 

„An den Kapitalmärkten macht sich Hoffnung breit, dass dieses Ende mit Schrecken eine Chance für Deutschland auf einen wirtschaftspolitischen Neuanfang darstellt“, sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank.  

Mehr Schulden in Deutschland?

Am Rentenmarkt tendierten die Renditen deutscher Staatsanleihen am Donnerstagvormittag leicht nach oben. „Hier dürfte zum Ausdruck kommen, dass angesichts der anhaltenden Diskussion um eine Lockerung der Schuldenbremse und einer neuen Bundesregierung, hinter den künftigen deutschen Staatsfinanzen zumindest ein kleines Fragzeichen steht“, sagt Michael Holstein, Chefvolkswirt der DZ Bank. Heißt: Die Marktteilnehmer erwarten, dass Deutschland in Zukunft mehr Schulden aufnehmen wird als bisher.

Bis zum politischen Neuanfang bei Neuwahlen im Frühjahr 2025 droht jedoch eine Hängepartie, sollte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wie angekündigt mit der Vertrauensfrage bis Mitte Januar warten. „Es ist in Anbetracht der schwachen Konjunktur und der weltpolitischen Lage nicht gut, dass Berlin jetzt mit sich selbst beschäftigt ist und über Monate nur eingeschränkt beschlussfähig sein wird“, sagte Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Privatbank Berenberg. Das erhöhe die Unsicherheit. 

FDP ist raus: Grüne und SPD auf Merz angewiesen

Ohne den Koalitionspartner FDP haben SPD und Grüne keine Mehrheit im Bundestag. Wichtige Haushaltsentscheidungen, wie etwa eine Reform der Schuldenbremse, geringere Energiekosten für Unternehmen und Hilfsgelder für die Ukraine sind so nur schwer möglich. Die Union hat bereits angekündigt, Entscheidungen im Einzelfall mittragen zu wollen, sich aber vor allem für frühere Neuwahlen ausgesprochen.  

Eine andauernde Unsicherheit ist jedoch schwierig für die Dax-Unternehmen, an Investitionen ist in einem solchen Umfeld nicht zu denken. Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING, schaut vor allem auf Automobilhersteller und Baugewerbe, die unter der aktuellen Unsicherheit leiden würden. „Das sind Branchen, in denen staatliche Maßnahmen kurzfristige Impulse liefern könnten“. Grundsätzlich habe Deutschland aber strukturelle Probleme, für die es keine kurzfristigen Lösungen gebe.

SDax- und MDax-Aktien werden jetzt gekauft

Mit einer neuen Regierung könne sich die Unsicherheit jedoch schnell legen, glaubt Schmieding von Berenberg. „Ich gehe davon aus, dass diese von der Union geführt würde, wahrscheinlich mit der SPD als Koalitionspartner.“ Diese würde in den Koalitionsvereinbarungen ein Wirtschaftsprogramm auflegen, das, so hofft Schmieding, auch eine Reform der Schuldenbremse beinhaltet. „Das größte Risiko ist, dass die Koalition die dafür erforderliche Zweidrittel Mehrheit im Bundestag nicht erhält.“ Dann ließen sich viele Vorhaben nicht finanzieren.

Dabei müsse sich einiges ändern: "Die deutsche Wirtschaft leidet unter einer überbordenden Bürokratie und überzogenen Regulierung", meint Jan Viebig Investmentchef bei der französisch-deutschen Privatbank Oddo BHF. Die Belastungen für die Unternehmen müssten reduziert werden. "Schon heute profitieren die Aktien amerikanischer Unternehmen gerade im Vergleich zu deutschen von einer strukturell höheren Kapitalrendite, einer großen Innovationskraft und einem höheren Potenzialwachstum der Wirtschaft insgesamt", sagt Viebig. Durch die Wirtschaftspolitik, die der kommende US-Präsident Donald Trump angekündigt hat, drohten sich die Rahmenbedingungen zwischen den USA und Deutschland weiter zum Nachteil Deutschlands zu verschlechtern. 

Bis zur Wahl müssen Anleger mit höheren Abwärtsrisiken leben. Christian Subbe, Investmentchef von HQ Trust rät Anlegern deshalb zur Vorsicht: „Europa ist zwar günstig bewertet und USA teuer, aber zumindest in Europa gibt es offensichtliche Gründe dafür. Chancen könnten Nebenwerte bieten, die im Schnitt deutlich günstiger sind als die großen Titel.“ Das zeigt sich bereits am Donnerstagmorgen in den Indizes MDax und SDax, die deutlich mehr Zuspruch von Investoren erhielten als der Dax.  

Hält die Krise der deutschen Regierung an, wirken wieder andere Faktoren auf den Dax, etwa die Auswirkungen der neuen und noch restriktiveren Handelspolitik sowie die im Zuge der Subventionen erstarkenden Konkurrenz in China. "Das liegt vor allem an der internationalen Exponierung und Sektorkomposition des DAX", sagt Maximilian Kinkel, Chefanlagestratege bei der UBS Vermögensverwaltung Deutschland. Es kann also ruppig werden. Langfristig geht Kunkel jedoch von steigenden Kursen aus, sobald Reformen und fiskalische Impulse auf den Weg gebracht worden sind: "Höhere Bewertungen sind wahrscheinlich, was vor allem den eher binnenwirtschaftlich orientierten, klein- und mittelgroß kapitalisierten Unternehmen in Deutschland zugutekommen wird."

Mehr zum Thema

Neueste Artikel

VG-Wort Pixel