Wer Anfang des Jahres breit in US-amerikanische Aktien investiert hat, kann heute nur ein bescheidenes Plus verbuchen. Deutsche Aktien legten kräftiger zu. Die echten Gewinner-Papiere aber waren 2015 anderswo zu finden: Der Börsen-Star des Jahres heißt Jamaika. Die Kurse jamaikanischer Aktien haben in den vergangenen Monaten eine beachtliche Rally hingelegt. Der Aktienindex S&P Jamaica ist seit Jahresbeginn – in US-Dollar gerechnet – um satte 77 Prozent gestiegen. Der Aufschwung verlief einigermaßen konstant: Während die Kurse deutscher und US-amerikanischer Aktien im August wegen der Wachstumsschwäche in China einbrachen, blieb Jamaika vom Börsenbeben verschont.
Die gute Entwicklung jamaikanischer Aktien verwundert, denn der Inselstaat kämpft mit ernsten Wirtschaftsproblemen. Im laufenden Jahr ist Jamaikas Wirtschaft nach Angaben der Weltbank um gerade einmal 1,5 Prozent gewachsen. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, wichtige Branchen wie die Agrarwirtschaft stehen unter Druck. Die Aktienrally war denn auch einigen wenigen Unternehmen zu verdanken, deren Aktien sich extrem gut entwickelt haben. Dazu gehören die National Commercial Bank und die Brauerei Desnoes & Geddes.
Irland überrascht
Auch die zweit- und drittbesten Aktienmärkte des Jahres sind Exoten. Auf Platz zwei liegt Ungarn: Der Aktienindex S&P Hungary hat seit Anfang Januar um rund 28 Prozent zugelegt. Platz drei nimmt Lettland ein. Der S&P Latvia ist seit Jahresbeginn um rund 27 Prozent gestiegen. In den beiden Ländern ist die Wirtschaft im laufenden Jahr ebenfalls nur moderat gewachsen. Die ungarische Zentralbank hat ihre Wachstumsprognose für 2015 nach einem schlechten dritten Quartal kürzlich erst von 3,2 auf drei Prozent gesenkt. In Litauen hat die Wirtschaft seit Jahresbeginn nach Schätzungen von Ökonomen um 2,4 Prozent zugelegt. Anleger haben sich von den durchwachsenen Zahlen offensichtlich nicht beirren lassen und trauen ungarischen und lettischen Unternehmen satte Gewinne zu.
Auf Platz vier der Top Fünf steht ein Land, das im laufenden Jahr positiv überrascht hat: Irland. Die Wirtschaft auf der Insel ist zuletzt kräftig gewachsen, um mehr als sechs Prozent – damit kann das einstige Sorgenkind im laufenden Jahr ein stärkeres Wachstum vorweisen als andere europäische Volkswirtschaften. Die gute Wirtschaftsentwicklung und die verbesserten Aussichten spiegeln sich in den Kursen irischer Aktien wider. Der S&P Ireland ist seit Jahresbeginn um rund 24 Prozent gestiegen.
Dänemark liegt auf Rang fünf der Börsenstars 2015. Der Aktienindex S&P Denmark hat seit Anfang Januar um rund 20 Prozent zugelegt. Die Wirtschaft des Landes scheint auf einem guten Weg, vor allem dank steigender Verbraucherausgaben. Im kommenden Jahr dürfte sie durch Investitionen weiter wachsen, sagen Ökonomen des Fondsanbieters Nordea.
Griechenland ist der Verlierer des Jahres
Trotz der zumindest teilweise guten Aussichten für die Börsenstars 2015 ist die Bestenliste nicht als Investment-Tipp zu verstehen. Ob sich die Aufwärtstrends im kommenden Jahr fortsetzen, ist ungewiss. Überdies sind jamaikanische, ungarische, lettische, irische und dänische Aktien mittlerweile vergleichsweise teuer. Antizyklisches Investieren verspricht höhere Renditen, denn der Gewinn beim Anlegen liegt zu einem Gutteil im günstigen Einkauf. Dazu sollten sich Anleger die Verlierer des laufenden Jahres ansehen.
Am schlechtesten hat Griechenland abgeschnitten. Der Aktienindex S&P Greece hat seit Januar 51 Prozent verloren. Auf den folgenden Plätzen: Kolumbien (minus 46 Prozent), Zypern (minus 44 Prozent), Sambia (minus 42 Prozent) und Brasilien (minus 39 Prozent). Aktien aus diesen Ländern sind keine sicheren Anlagetipps: Die wirtschaftlichen Probleme in Griechenland und Brasilien etwa sind bislang ungelöst. Darüber hinaus sind exotische Aktienmärkte wie der sambische oder zypriotische Markt vergleichsweise klein und wenig liquide, und damit für Privatanleger schwer investierbar. Schnäppchenjäger und risikofreudige Anleger sollten aber eher die Verlierer im Auge behalten als die Gewinner.