Banken und Vermögensverwalter sind mit ihren Leistungen recht zufrieden. Dumm nur, dass sich ihre Kunden dieser Einschätzung nicht anschließen. Das zeigt eine aktuelle Studie des IT- und Beratungsriesen IBM, der an die 1000 Bankmanager und 1600 Bankkunden in mehreren Ländern befragt hat. Ergebnis: 45 Prozent der Banker finden, dass ihr Institut auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden eingeht – aber nur 30 Prozent der Kunden sehen das genauso. Fast 60 Prozent der Vermögensverwalter glauben, dass sie einen hervorragenden Kundenservice bieten. Doch nur 16 Prozent ihrer Klienten bestätigen das.
Die meisten Banker überschätzten auch die Loyalität ihrer Kunden, wie aus der IBM-Studie hervorgeht. Bankkunden haben in der Regel kein Problem damit, die Dienste anderer Geldinstitute in Anspruch zu nehmen. Diese Erkenntnis kommt für die etablierten Banken reichlich spät. Kleine Finanz-Start-ups, sogenannte FinTechs, machen ihnen seit einigen Jahren immer mehr Kunden abspenstig. FinTechs bieten unterschiedliche Leistungen an: Sie vergeben Kredite an Unternehmen und Privatpersonen, entwickeln Apps zur digitalen Kontoführung oder ermöglichen ihren Nutzern, die eigene Kreditwürdigkeit im Auge zu behalten. Bekannte Namen sind Auxmoney, Lending Club oder Wikifolio.
Investoren sollten den Umbruch, der sich in der Branche der Banken und Finanzdienstleister vollzieht, im Auge behalten. Noch ist es zu früh, das große Bankensterben zu prophezeien. So finanzieren sich noch nicht viele Unternehmen über FinTechs statt über ihre Hausbanken. Auf lange Sicht dürften etablierte Banken aber stärkeren Gegenwind bekommen. Anleger tun deshalb gut daran, sich an Institute zu halten, die sich dem Wandel nicht verschließen.
Umarmungsstrategie der Banken
Nach dem Motto „Wenn du deinen Feind nicht besiegen kannst, verbünde dich mit ihm“ suchen einige traditionelle Geldhäuser mittlerweile die Zusammenarbeit mit FinTechs. Ein Beispiel: Die Deutsche Bank arbeitet seit diesem Sommer mit dem Start-up Gini zusammen. Das Münchner Unternehmen hat eine Software entwickelt, mit der sich Rechnungsdaten per Mausklick in ein Online-Überweisungsformular übertragen lassen. Das spart Zeit – vor allem, seit man bei Überweisungen die ellenlange IBAN statt der kurzen Kontonummer angeben muss. In sogenannten „Innovation Labs“ will die Deutsche Bank dieser Tage herausfinden, welche FinTech-Kooperationen ihr noch von Nutzen sein können.
Auch andere Banken loten aus, welche Ideen aus der rührigen FinTech-Szene ihnen zugutekommen könnten. Die Commerzbank hat 2013 die Tochtergesellschaft „Main Incubator“ ins Leben gerufen, die Start-ups aus dem Finanzsektor fördert. Bislang hat die Bank über ihre Tochter in drei FinTechs investiert, darunter die Plattform „OptioPay“, mit deren Hilfe Unternehmen ihre Kunden oder Mitarbeiter in Form von Gutscheinen bezahlen können. Im Frühjahr bekam die FinTech-Begeisterung der Commerzbank allerdings einen Dämpfer. Ihre Tochter Comdirect kündigte nach nur vier Monaten die Zusammenarbeit mit der Finanz-App Lendstar. Über die Gründe für den Bruch schweigen sich die Beteiligten aus.
Wie es aussieht, ist Lendstar auf die Zusammenarbeit mit der Commerzbank nicht angewiesen. Nicht nur, dass das 2013 gegründete Unternehmen mit der Volksbank Hellweg bereits die nächste Kooperation vereinbart hat. In der Investoren-Fernsehshow „Die Höhle der Löwen“ schloss das Start-up zudem vor kurzem den größten Deal in der Geschichte der Sendung ab: Eventunternehmer Jochen Schweizer gab 250.000 Euro für rund sechs Prozent der Firmenanteile. Und die Commerzbank? Von der hat man in den vergangenen Monaten nicht viel Neues gehört. Gut möglich, dass die Commerzbanker wie viele ihrer Kollegen mit ihren Leistungen recht zufrieden sind und keine Notwendigkeit für Innovationen sehen.