Nadine Oberhuber ist Wirtschafts- und Finanzjournalistin. Sie schreibt auf Capital.de über Geldanlagethemen
„Hoffentlich ist es Beton“, so lautete ein Werbeslogan der Baubranche vor Jahren. Er sollte das Image des Baustoffs aufpeppen. Denn Beton verbanden viele Bürger damals eher mit Bausünden und Planungsfehlern als mit Wohnhäusern aus menschenfreundlichem Material. Inzwischen hat sich dessen Ansehen grundlegend geändert und der Baustoff symbolisiert vor allem eines: Haltbarkeit. Auch Sparer träumen deswegen vom Beton, oder vom Betongold, so nennt die Finanzbranche die Investition in Immobilien gerne. „Wäre es doch nur Beton“, denken derzeit viele, wenn sie auf größere Spareinlagen auf ihren Konten gucken. Dort werfen sie so gut wie keine Zinsen mehr ab, während die Preise für Wohnhäuser deutschlandweit in den Himmel wachsen.
Zehn Prozent pro Jahr stiegen die Immobilienpreise zurzeit jährlich in den Spitzenlagen von Hamburg, Berlin oder München. Wer dort 2010 in ein Eigenheim investiert hätte, könnte sich bereits heute über 40 Prozent Wertsteigerung freuen oder noch mehr. Im Schnitt legten die sieben größten deutschen Metropolen immerhin noch 25 Prozent zu. Und noch immer sehen Analysten keine Preisblase am deutschen Immobilienmarkt, auch nicht für die kommenden Jahre. Davon müsste sich doch profitieren lassen. Aber sollte man wirklich gleich ein Haus kaufen?
Das zumindest legen sehr viele Finanzexperten den Sparern derzeit nahe: Schließlich sind die Zinsen für Hauskredite augenblicklich im Keller. Weniger als zwei Prozent zahlt man derzeit für ein Darlehen und kann sich diese historischen Minizinsen sogar für die nächsten 15 Jahre sichern. Solche Konditionen machen die steigenden Preise unterm Strich wieder wett, sagen Fachleute, die Hauspreise, Kreditzinsen und durchschnittliche Haushaltseinkommen zueinander in Beziehung setzen: Es war noch nie so erschwinglich, ins Eigenheim zu kommen wie jetzt. Selbst in Städten wie München, Hamburg und Berlin fällt es Sparern heute leichter als noch vor fünf Jahren.
Risiken des Hauskaufs werden kleingerechnet
Interessanterweise hat das alles trotzdem nicht dazu geführt, dass Privatleute massenhaft Häuser kaufen. Obwohl immerhin vier von fünf Deutschen vom Eigenheim träumen. Einerseits liegt das an den hohen Preisen, die viele abschrecken. Andererseits an den relativ hohen Summen Eigenkapital, die Banken hierzulande immer noch von Darlehensnehmern erwarten. Die meisten Möchtegernkäufer bringen das Geld schlicht nicht auf. Dass Immobilien momentan so gefragt sind, liegt eher daran, dass die Vermögenden ihre Portfolios umschichten aus Angst vor der großen Geldentwertung. Die Zahl der Baufinanzierungen von Normalverdienern jedenfalls ist seit 2010 nur um moderate neun Prozent gestiegen. Und das ist auch gut so.
Denn viele Experten, die uns regelmäßig vorrechnen, wie billig heute jeder in die eigenen vier Wände kommt, reden uns vor allem den Immobilienbesitz schön – und die Risiken regelmäßig klein. Mit 50.000 Euro Eigenkapital, so locken Finanzierungsrechner, könne man schon ganz problemlos eine Immobilie abzahlen, die 200.000 Euro kostet und müsse nur 450 Euro im Monat berappen. Das klingt machbar, denn weniger wird kaum ein Großstadtbewohner derzeit ohnehin bereits für seine Miete ausgeben. Diese 450 Euro wären also locker drin. Ein stimmiges Finanzierungskonzept sind sie trotzdem nicht.
Denn betrachtet man die Details solcher Kreditrechner, kommt heraus, dass so ein Kredit 55 Jahre laufen würde, bis man ihn abgetragen hätte. Da wäre selbst jeder Berufsanfänger schon fast Methusalem. Nach 20 Jahren monatlichen Abstotterns jedenfalls wären mit diesem Finanzierungsmodell immer noch 130.000 Euro Schulden übrig, die weiter abgezahlt werden müssten. Für eine weitaus realistischere Kreditkonstruktion müsste man erstens 60.000 Euro flüssig haben, denn beim Hauskauf von 200.000 Euro fallen noch jede Menge Nebenkosten an, weswegen man insgesamt rund 230.000 Euro braucht. Der Kredit betrüge also 170.000 Euro. Wer die innerhalb von 30 Jahren voll abtragen will, der muss mit rund 680 Euro Monatsbelastung kalkulieren. Bei 20 Jahren Laufzeit sogar 890 Euro. Das klingt schon ambitionierter.
Zumal man für 200.000 Euro an Top-Standorten wie München, Frankfurt oder Düsseldorf im Schnitt gerade mal eine 32- bis 47-Quadratmeterwohnung bekommt. Ist einem die nun wirklich 900 Euro im Monat wert? Oder erzielt man so viel als Miete, wenn man nicht selber einzieht? Die Rücklagen fürs Hausgeld kommen meist noch obendrauf.
Das direkte Anlegen in Immobilien ist alles andere als risikolos, zumal sich Käufer mit dem eigenen Beton für mindestens zehn Jahre festlegen. Verkaufen sie vorher wieder, hat sich die Investition keinesfalls gelohnt. Dafür sorgen die rund zehn Prozent Kaufnebenkosten, die Kreditkosten, die zusätzlichen Kosten für den Verkauf, sowie die hohen Ertragssteuern, die fällig werden, wenn jemand sein Eigenheim innerhalb von zehn Jahren wieder abstößt. Denn Schnellverkäufer, so mutmaßt der Fiskus, hätten sich eine Wohnung doch ohnehin nur als Spekulationsobjekt zugelegt und könnten daher üppig besteuert werden. Das alles schmälert die möglichen zehn Prozent Wertsteigerung pro Jahr beträchtlich. Wie wäre es also stattdessen mit acht Prozent Rendite bei kleinerem Risiko?
Die sind tatsächlich möglich und auch nicht unwahrscheinlich, wenn Anleger über Fonds oder Aktien in Immobilien investieren. Zumindest brachten europäische Immobilienaktien zuletzt über einen Zeitraum von 20 Jahren eben diese acht Prozent Rendite pro Jahr. Der größte Vorteil für den Anleger ist bei solchen Papieren, dass er nicht sein ganzes Geld in ein einzelnes Objekt steckt und es auch nicht gewissermaßen zehn Jahre darin einmauert, sondern dass er das Betongeld wieder flüssig machen kann, falls ihm doch ein Umzug, ein Arbeitgeberwechsel oder die Familie einen Strich durch die Langfristplanung machen. Mit solchen kleinteiligen Immobilieninvestments bleibt er also erheblich flexibler. Allerdings ersparen sie einem später nicht die Miete. Dafür aber die Reparaturkosten, die Besitzer ebenfalls tragen.
Nun ist es zugegeben nicht leicht, überhaupt gute Immobilienfonds zu finden, in die man sein Geld stecken kann. Geschlossene Fonds sind immer riskant. Und es gibt nur sehr wenige offene Immobilienfonds, die gezielt auf Wohnimmobilien setzen und zudem für Normalanleger geeignet sind. Entweder investieren die meisten Fonds immer auch in Gewerbeimmobilien und Bürohäuser (was schon wieder erheblich konjunkturanfälliger ist und weniger konstante Mieteinnahmen verspricht). Oft halten die Gesellschaften auch „nur“ Immobilien in weniger hochpreisigen Lagen, also in den so genannten B-Städten, was nicht gar so hohe Wertsteigerungen wie an den absoluten Top-Standorten verspricht. Oder sie setzen sechsstellige Mindestanlagesummen fest wie der Bouwfonds European Residential, bei dem man erst ab einer halben Million Euro Mindestanlage einsteigen kann. So machen sie ihre Fonds nur professionellen Investoren zugänglich. Dennoch: Wohnimmobilienfonds wie der Wohn Select D von Wertgrund schafften in den vergangenen vier Jahren eine Performance von gut 25 Prozent, bei mäßigem Risiko und sie schwanken dabei wenig.
Langfristig ein gutes Investment
Es geht aber noch besser, mit Indexfonds – und die kann man wirklich auch mit kleinem Geld kaufen: Der ishares European Property Yield, bündelt die Aktien europäischer Immobiliengesellschaften und ging ab wie eine Rakete. Er legte in fünf Jahren 91 Prozent zu. Bei Kosten von 0,4 Prozent pro Jahr. Der Dax Subsector Real Estate schaffte mit deutschen börsennotierten Aktiengesellschaften in der gleichen Zeit sogar 122 Prozent. Natürlich sind bei diesen Investments die Renditen nicht in Stein gemeißelt. Und ihre Kurse wachsen nicht nur in die Höhe. Anfang 2007 notierten viele Immobilienaktien und Indexfonds schon einmal auf einem ähnlich hohen Niveau wie jetzt. Mit der Finanz- und Immobilienkrise stürzten ihre Kurse, die sich jetzt wieder voll erholt haben. Auf lange Sicht aber lagen sie eben jene acht Prozent jährlich im Plus.
Gerade Immobilienaktien und deshalb auch die Indexfonds, die diese Aktien bündeln, sind natürlich anfällig für die Schwankungen der Börse. Dagegen ziehen offene Immobilienfonds ihre Wertentwicklung stärker aus der Wertentwicklung der Häuser sowie den Mieten, die sie einstreichen. Deshalb entwickeln sie sich unabhängiger von den Börsen. Beide sind aber eine gute Idee, in Beton anzulegen, auch wenn man das Wagnis Eigenheim nicht eingehen kann oder will.
Schließlich garantiert auch ein Hauskauf nie, dass man am Ende sein Geld vermehrt oder wenigstens erhält. Langfristig gesehen – also über 40 Jahre – stiegen die Hauspreise erheblich langsamer als die Konsumentenpreise. Zudem müsste man das Heim für einen tatsächlichen Wertzuwachs auch irgendwann verkaufen. Das vergessen viele. Ein Eigenheim schützt vor Miete, aber nicht, wie so viele meinen, vor Inflation. Zumindest das scheint in Beton gegossen.