Nachdem der Großaktionär Etihad Airways, der einen Anteil von 29,2 Prozent an Air Berlin hält, seine finanzielle Unterstützung entzogen hat, ist Air Berlin insolvent. Um den Flugbetrieb aufrecht zu halten, stellt die Bundesregierung einen Überbrückungskredit von 150 Mio. Euro zur Verfügung. Laut Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries sichert das den Flugbetrieb allerdings nur für ungefähr drei Monate. Die Zeit drängt also, auch für Aktionäre.
Daher muss schnell entschieden werden, wie es mit Air Berlin weitergeht. „Die Aktie wurde bei uns in den Tagen und Wochen vor der Insolvenz rege gehandelt“, erklärt Manuel Suckardt von Onlinebroker Degiro. „Nach der Hoffnung auf Besserung wollen Anleger inzwischen wohl nur noch retten, was zu retten ist“, ergänzt Suckart. Die Aktie fiel seit der Bekanntgabe der Insolvenz von rund 0,76 auf etwa 0,45 Euro.
Lufthansa hat Interesse an weiteren Teilen von Air Berlin
Die Firma verhandelt bereits mit der Lufthansa und anderen Partnern darüber, dass diese Betriebsteile von Air Berlin übernehmen. Schon jetzt sind 38 Mittelstreckenjets von Air Berlin für die Lufthansa im Einsatz. Die Maschinen fliegen für die Billigmarke Eurowings und die österreichische Tochter Austrian Airlines. Lufthansa-Chef Carsten Spohr hat wiederholt Interesse an weiteren Teilen von Air Berlin gezeigt, allerdings müsse vorher das Problem mit den Nettoschulden in Höhe von 1,2 Mrd. Euro gelöst werden. Ein weiteres Problem sind kartellrechtliche Fragen, hat doch die irische Billigfluglinie Ryanair sofort gesagt, durch eine Übernahme von Air Berlin durch die Lufthansa werde Kartellrecht gebrochen.
Die Lage ist daher schwierig, fast hoffnungslos für Aktionäre und Anleihenbesitzer von Air Berlin. Seit Juli 2016 besitzt Air Berlin keine eigenen Flugzeuge mehr, stattdessen werden alle geleast. Daher gibt es kaum eine Möglichkeit, dass viel Geld in die Kasse kommt. Große Kurssprünge sind daher weder bei der Aktie noch den Anleihen zu erwarten, vielmehr dürfte der Kurs weiter nach unten tendieren. Es sei denn Ryanair würde überraschend ein Angebot für Air Berlin abgeben, was angesichts des Schuldenbergs aber sehr unwahrscheinlich ist.
Konsolidierung in der Branche kommt voran
So bitter die sich verschärfende Krise bei Air Berlin ist, der Branche hilft eine Konsolidierung und treibt die Aktie der Lufthansa weiter nach oben. Sie nimmt die Mehr-Jahres-Hochs ins Visier. Sollte ein wenn auch kleiner Anbieter vom Markt verschwinden, würde der Konkurrenzdruck in der Branche ein bisschen nachlassen. Damit würde die Lufthansa von der Konsolidierung in dem Sektor profitieren, zumal die italienische Fluglinie Alitalia ebenfalls insolvent ist, nachdem die Gewerkschaftsmitglieder einen „Rettungsplan“ des Managements abgelehnt haben.
Entsprechend aktiv wird die Lufthansa-Aktie gehandelt, außerdem ist sie mit einem Plus von fast 70 Prozent in diesem Jahr die beste DAX-Aktie bisher. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die Aktie als Basiswert für Zertifikate und Hebelpapiere sehr stark gesucht ist. „Auffällig ist die hohe Anzahl von Hebelpapieren, die auf Lufthansa gehandelt werden“, erklärt Jochen Thiel, Vorstand der Bayerischen Börse AG über gettex, an dem auch Zertifikate ohne Entgelte und Courtage gehandelt werden können. „Das ist allerdings schon seit Monaten der Fall und hat daher nur zum Teil mit Air Berlin zu tun“, meint Thiel.
Lufthansa ist nämlich nicht nur ein Gewinner der in der Konsolidierung befindlichen Luftfahrtbranche, sondern auch ein Profiteur des niedrigen Ölpreises. Trotz des rasanten Kursanstiegs ist die Aktie mit einem 2018er-Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 6,4 die am zweitniedrigsten bewertete Aktie im DAX hinter Volkswagen mit einem KGV von 5,1. Möglicherweise könnte daher noch etwas Treibstoff im Tank sein.