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André Kostolany Memento 1929: Boom und Krach

André Kostolany mit elektrischer Schreibmaschine
André Kostolany (1906-1999) schrieb über 400 Kolumnen für Capital
© IMAGO / teutopress
Mehr als 30 Jahre lang schrieb der legendäre Investor André Kostolany Kolumnen für Capital. Auf C+ dokumentieren wir in einer Serie einige seiner Texte. Im August 1969 erinnert Kostolany an den Börsenkrach von 1929

Der 24. Oktober 1929 war ein Trauertag für die Börse und ein Wendepunkt in der Entwicklung des modernen Kapitalismus. Wie die Entdeckung Amerikas oder die Französische Revolution hat die Katastrophe von Wall Street das Gesicht der westlichen Welt und ihre soziale Struktur vollständig verwandelt. Diese Katastrophe ist noch heute ein Alptraum für alle, die sie erlebt haben.

Es hatte vor diesem schwarzen Oktober-Donnerstag viele glückliche Jahre in Wall Street gegeben. Amerika strotzte und protzte im Wohlstand voll Kraft und Optimismus. Einkommen, Rohstoffpreise, Wertpapiere: Alles stieg ständig. Die Ticker in den Wall-Street-Büros spuckten Tausende Meter von Papierstreifen aus. Alle Amerikaner, Farmer, Kleinbürger, Einwanderer, alle machten das Spekulieren der Geldaristokratie nach. Aber die Spekulation basierte auf sandigem Grund: Kredit. Doch nur wenige machten sich das klar. 

Alles schien wunderbar, man lebte in einem blauen Dunst. Und die Drahtzieher der Schau, die professionellen Geldleute von Wall Street (heute heißen sie Fondsmanager, Konglomerat-Manager), hüteten sich, auch nur den Anschein einer Gefahr ahnen zu lassen. Präsident Hoover und sein Finanzminister Mellon erklärten mit aller Autorität, es bestünde kein Grund, daß all dies eines Tages aufhören sollte.

Was war die Ursache für den Crash von 1929?

Und da geschah etwas, was für die Outsider unerklärlich war. Das Barometer steht auf schön – und plötzlich blitzt und donnert es aus blauem Himmel. Wieso, weshalb? Für viele erfahrene Börsianer war es keine Überraschung. Denn es geschah wie schon so oft in der Finanzgeschichte. Der Börsenboom schwillt mit den zufließenden Geldern und Krediten zu einem Riesenballon an, der dann durch einen Stecknadelstich platzen muß. Kein Börsenkrach, dem nicht ein Börsenboom vorangegangen ist – kein Boom, der nicht mit einem Börsenkrach endet.

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