Nicht nur der Klimaschutz hat dem Fliegen einen schlechten Ruf eingebracht. Brutal enge Sitze, schlechtes Essen und Unterhaltungselektronik wie aus den 90er Jahren setzen Reisenden in der Economy Class zu. Manche Airlines aber besinnen sich nach dem Preiskampf der vergangenen Jahrzehnte wieder verstärkt auf Komfort und gewinnen damit treue Kunden. In der Business und First Class ist die Qualitätsoffensive längst im vollen Gange.
Die Crystal Cabin Awards prämieren jedes Jahr Innovationen bei der Gestaltung von Flugzeugkabinen und Bordprodukten. Die Ideen stammen von Airlines, Flugzeugherstellern, Zulieferern oder Universitäten. Für die 14. Ausgabe der Branchenpreise schafften es laut den Organisatoren 105 Konzepte aus 21 Ländern auf die Shortlist. Über die Sieger entscheidet eine internationale Experten-Jury am 31. März anlässlich der Messe Aircraft Interiors Expo in Hamburg.
Auf diese Innovationen können sich Fluggäste freuen:
Crystal Cabin Awards: die Top-Innovationen beim Fliegen 2020
An Bord von Passagiermaschinen ist jeder Quadratzentimeter wertvoll. Dubai Aviation Engineering Projects setzt deshalb auf ein Konzept, mit dem Airlines anspruchsvollen Passagieren Freiraum bieten können, sich dabei aber nicht festlegen müssen. Die „Retractable Aircraft Cabin“ soll es ermöglichen, bei der Bodenabfertigung ganze Zimmer in die Kabine einzufügen – beispielsweise ein Restaurant oder einen Wellnessbereich.
Der Trend zu Flugtaxis hat die Crystal Cabin Awards erreicht. Erstmals wurde ein Kabinenkonzept für ein vertikal startendes und landendes Flugzeug eingereicht. Der Anbieter Safran hat in Zusammenarbeit mit Uber ein Vierersitz-Layout im elektrischen Drohnen-Taxi erarbeitet. Es soll hohe Funktionalität bei minimalem Gewicht bieten.
Von der Technischen Universität Delft kommt diese Idee. Ausklappbare Liegen sind bislang Reisenden ab der Business Class vorbehalten. Die Forscher aus den Niederlanden wollen das ändern. Sie arbeiten derzeit an einem Flugzeug, in dessen Flügel eine Kabine Platz hat. Die könnte Gästen der Economy Class mit verstellbaren Klappbetten auf drei Etagen echte Schlafgelegenheiten bieten. Zusammengeschoben dienen die Liegen als Bänke.
Weniger futuristisch (und beengt) mutet diese Designidee vom Unternehmen Adient Aerospace an. Sie nutzt die größere Beinfreiheit in der ersten Reihe hinter der Business Class, um Familien mehr Komfort zu bieten. Die Sitze der Mittelreihe lassen sich zu einer Liegewiese bis zur Zwischenwand ausfahren. Das Konzept stammt von Sahngseok Lee, der 2019 noch als Student bei den Crystal Cabin Awards ausgezeichnet wurde.
Beleuchtung spielt bei Virgin Atlantic eine zentrale Rolle. Die Airline setzt auch in der Economy Class auf ein ungewöhnliches lilafarbenes Licht, das der Reise ein futuristisches Flair verleiht. Dieses Prinzip soll bei der „Upper Class Loft“ weiterentwickelt werden. Die Mischung aus Lounge und Bar ist seit September 2019 im ersten A350-1000 von Virgin Atlantic im Einsatz. Alle Passagiere betreten hier das Flugzeug. Während der Reise ist der Bereich den Gästen der höheren Klassen vorbehalten.
In der Business Class geht es immer um Größe. Wer bietet die größten Displays, die größte Beinfreiheit, die größten Sitze? Bei letzterer Frage will All Nippon Airways vor den Olympischen Spielen 2020 in Tokio Gäste überzeugen. Das Konzept „The Room“ bietet laut den Crystal Cabin Awards den bis dato breitesten Sitz seiner Klasse. Das Bett ist laut dem Anbieter Acumen 40 Prozent größer als bislang. Hinzu kommt das moderne, japanische Design.
Nachhaltigkeit ist auch beim Fliegen ein zentrales Thema. Der Verzicht auf Plastikmüll spielt dabei eine große Rolle. PriestmanGoode ist bei den Crystal Cabin Awards mit dem Vorschlag für eine nachhaltige Präsentation der Mahlzeiten dabei. Zum Einsatz kommen essbare, kompostierbare oder wiederverwendbare Materialien.
Flexibilität bei der Kabinengestaltung wird für Airlines zunehmend wichtig, um auf individuelle Bedürfnisse der Passagiere eingehen zu können. Airbus stellt mit der „Airspace Cabin Vision 2030“ eine Kabine mit flexibleren Sitz- und Schlafkonfigurationen sowie Lounges mit auswechselbaren Modulen vor. Die Anordnung der Sitze soll sich verändern lassen, je nachdem, ob Passagiere allein, mit Familie oder Kollegen unterwegs sind.
Die Universität von Cincinnati will die Business Class zum Co-Working-Space machen. Ihre „Coffee House Cabin“ dreht die Mittelreihe um 90 Grad und ergänzt sie durch Arbeitstische. In deren Mitte lassen sich Sichtblenden hochfahren, falls man sich den Tisch mit Fremden teilt.
Das Schweizer Unternehmen Aircraft Innovations ist auf der Shortlist mit dem „Junior Comfort Seat“ vertreten. Das Element ist aufblasbar und soll Babys oder Kleinkinder vor dem Sturz in den Fußraum bewahren. Der Hersteller verspricht außerdem generell mehr Komfort beim Sitzen und Schlafen und eine Installationszeit von unter einer Minute.
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