Mieten oder kaufen? Das ist oft eine kniffelige Frage und gerade derzeit für viele womöglich besonders schwer zu beantworten. Denn die Entwicklungen am Markt sind ambivalent: während die Immobilienpreise zuletzt gefallen sind und das Angebot steigt, ziehen die Mieten vielerorts überproportional stark an und verändern dadurch die Vorzeichen am Markt: „Das Kaufpreis-Miete-Verhältnis konvergiert in den vergangenen Jahren stark“, sagt Pekka Sagner, Ökonom beim Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Das führt dazu, dass die monatliche Tilgungsrate für einen Immobilienkredit unterm Strich sogar geringer ausfallen kann, als eine vergleichbare Miete – und so ein monetäres Plus in der Haushaltskasse entsteht.
Bei der Frage, ob sich Kaufen lohnt, spielt der Kaufpreisfaktor eine entscheidende Rolle. Er zeigt an, wieviel Jahre es voraussichtlich braucht, um die Kaufkosten über die Miete einzuspielen. Um ihn zu berechnen, wird der Kaufpreis durch die potenzielle Jahreskaltmiete des Objekts geteilt. Allgemein gilt ein Kaufpreisfaktor von 20 als gut, wobei dieser in attraktiven Großstädten aber auch höher liegen kann. Als Orientierungshilfe ist er sicher hilfreich. Allerdings spielen bei der Kauf-oder-Mietfrage natürlich auch noch viele andere Faktoren eine Rolle. Die finanzielle Ausgangsbasis liegt dabei zweifellos auf Platz 1, da sie der Gradmesser für die eigene Kreditwürdigkeit ist. „Es ist vor allem aber auch eine Frage des Typs“, sagt Henning Ludwig, Spezialist für Baufinanzierung und Ratenkredit bei Dr. Klein in Lübeck. Denn natürlich geht mit dem Kauf einer Immobilie eine große finanzielle Verpflichtung einher, man muss sich um die Instandhaltung kümmern und das Geld ist langfristig gebunden.
Zudem könnten sich Gesetze ändern und entsprechende Mehrkosten anfallen – Stichwort: Gebäudeenergiegesetz (GEG). Das will oder kann nicht jeder. „Für Menschen, die keine Schulden haben wollen, oft umziehen, sich nicht festlegen oder darum kümmern wollen, ist Mieten sinnvoller“, meint Ludwig. „Grundsätzlich lässt sich sagen, dass Mieten eher für die kurzfristige, Kaufen für die mittel- bis langfristige Planung geeignet ist.“ Wobei sich Neubau-Projekte angesichts der gestiegenen Zinsen allerdings gerade verteuern.
Rückenwind für Top-Lagen
Wer sich für den Kauf einer Immobilie entscheidet, sollte die goldene Regel der Immobilienbranche beherzigen: Lage – Lage – Lage. Denn diese bietet auch weiterhin die größte Chance auf Wertsteigerungspotenzial. Dabei sollten Interessenten auch gezielt Vororte von beliebten Groß- und Landeshauptstädten in Erwägung ziehen und auf dem Schirm haben, rät IW-Ökonom Sagner: „In den Einzugsgebieten sind die Kaufpreise niedriger als innerstädtisch. Sofern die Vororte weiter mit den Städten verwachsen, dürfte auch der Wert von Immobilien in diesen Gegenden steigen. Im Gegensatz dazu könnten Immobilien in ländlichen und strukturschwachen Regionen – einfach aufgrund ihrer Lage – im Laufe der Zeit an Wert verlieren.“
Was ist der Wert meines Hauses? Zahle ich zu viel Miete? Bei diesen Fragen hilft der Capital Immobilien-Kompass.
Ein zweiter wichtiger Punkt, den Immobilienkäufer beachten und nicht unterschätzen sollten, ist die Energieeffizienz des jeweiligen Objekts, meint Dr. Klein-Experte Ludwig. „Wer mit dem Gedanken spielt zu kaufen, sollte darauf achten, dass die aktuell erforderlichen Energieeffizienzstandards eingehalten sind – ganz gleich, ob es sich um einen Neubau oder ein Bestandsobjekt handelt.“ Hintergrund ist, dass diese im Zuge der Energiewende in Zukunft eine immer größere Rolle für die Bewertung einer Immobilie spielen dürften.
In die Zukunft denken
Absehbar ist, dass die Preise in selektiven Lagen auch in Zukunft auf einem hohen Niveau bleiben werden. Denn der hohen Nachfrage steht dort ein deutlich zu kleines Angebot gegenüber. Ob auf persönlicher Ebene allerdings Kaufen oder Mieten sinnvoller ist, lässt sich – wenig überraschend – pauschal nicht beantworten. Beides hat klare Vor- und Nachteile, die im Einzelfall individuell durchgespielt und gegeneinander abgewogen werden müssen. Was dabei aber immer wichtig sein sollte, ist die vorausschauende Perspektive, rät IW-Ökonom Sagner: „Für einen potenziellen Kauf wie auch für die Neuanmietung muss der finanzielle Spielraum stimmen. Die auftretenden Kosten müssen zum Haushaltsbudget passen.“