Christoph Bruns ist Fondsmanager, Vorstand und Teilhaber der Fondsgesellschaft Loys AG.
Nach kräftigen Kursavancen in der ersten Hälfte des Jahres ist der Goldpreis mittlerweile wieder zum regelmäßigen Gegenstand angeregter Kapitalmarktdiskussionen geworden. Wie andere Anlagegattungen auch profitiert das gelbe Metall von der Dauerniedrigzinspolitik der Notenbanken. Tatsächlich kommen die realen Negativzinsen dem Gold noch mehr zupass als etwa Immobilien oder Aktien. Zu den Hauptkritikpunkten beim Gold zählt bekanntlich der traditionelle Hinweis darauf, dass Gold nichts abwirft und damit im Vergleich zu Zinspapieren und Aktien unattraktiver sei. Gegenüber der Zinsanlage ist dieses Argument stimmig. Bei Aktien kommt noch hinzu, dass die hinter den Papieren stehenden Unternehmen produktiv sind und nicht nur Dividenden abwerfen. Das ist der Grund, weshalb man die Aktienanlage als dynamische Sachwertanlage einstufen kann.
Das eigentlich triftige Argument, dass Goldanlagen nichts abwerfen, ist aber in den letzten Monaten und Jahren durch die Zinspolitik der Notenbanken in den Hintergrund getreten und letztendlich ganz entfallen. In Deutschland, einem Land mit sonderbarer und vor allem unkluger Geldanlagestruktur, wo Gold jedoch heiß geliebt wird, hat sich das Zinsargument inzwischen sogar zu einem Vorteil zugunsten von Gold gewandelt. Denn bei dem Edelmetall trifft zwar nach wie vor zu, dass es nichts abwirft; Zinsanlagen weisen aber zunehmend negative Renditen auf und sind damit vielfach noch unattraktiver.
Goldpreis profitiert von „Verwertpapierlichung“
Genau besehen, weisen langlaufende Anleihen zusätzlich enorme Kursrisiken auf, wenngleich es nicht so aussieht, dass diese Gefahren ante portas stehen. Man sollte jedoch den Hinweis von Bill Gross nicht aus dem Gedächtnis verlieren, dass beim Bund-Future der „Short des Jahrhunderts“ lauere. (Zur Erinnerung: Gross ist der Gründer des inzwischen zur Allianz gehörenden Bondhauses Pimco, mit dem er sich freilich gründlich überworfen hat.) Andere Marktbeobachter bezeichnen viele Titel des Anleihenmarkts als „renditeloses Risiko“.
Auf der anderen Seite darf man die Zentralbanken nicht unterschätzen, die monatlich große Mengen an Staats- und Unternehmensanleihen – unabhängig von Überlegungen zur Preiswürdigkeit dieser Papiere – kaufen. Die EZB ist sozusagen ein unökonomischer Marktakteur, der äußerst tiefe Taschen hat und einer eigenen Euro-Räson folgt.
Neben dem Verlust seines Hauptwettbewerbers kommt dem Goldpreis auch die starke Zunahme der „Verwertpapierlichung“ zugute, welche das gelbe Metall in den vergangenen zehn Jahren erfahren hat. Während der physische Kauf und vor allem die sichere Verwahrung umständlich und teuer sind, gelang dem World Gold Council, der Marketingvereinigung der Goldproduzenten, mit dem Angebot von Gold in Papierform ein regelrechter Coup. Wie die jüngsten Zahlen zum Goldabsatz zeigen, sind Finanzprodukte mit Goldunterlegung die größten Käufer und Händler am Goldmarkt.
Goldpreis noch weit von Höchstständen entfernt
Für die Freunde charttechnischer Analysen gibt es weitere Pluspunkte. Denn im Gegensatz zu den Aktienmärkten ist der Goldpreis noch meilenweit von seinen Höchstkursen aus dem Jahr 2011 entfernt. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass Gold im Gegensatz zu den meisten Unternehmen im Zeitverlauf aufgrund fehlender Produktivität nicht wertvoller wird. Mit anderen Worten: dass Aktien im Laufe der Jahre steigen, ist in jeder Hinsicht zu erwarten, solange unser marktwirtschaftlicher Ordnungs- und Rechtsrahmen erhalten bleibt.
Apropos Charttechnik: Bei der Einschätzung des Goldpreises muss bedacht werden, dass eine echte ökonomische Beurteilung angesichts fehlender Zahlungsströme schwerfällt und psychologische Aspekte daher besonderen Raum am Edelmetallmarkt einnehmen. In diesem Sinne ließe sich auch sagen, Gold müsse zunächst politisch und nicht ökonomisch bewertet werden. Nicht völlig anders sehen die Beurteilungen von Geld und Währungen aus, wie ja der Absturz des britischen Pfundes nach dem Brexit-Votum zuletzt eindrucksvoll demonstrierte.
Jene Anleger, die in Gold eine alternative und vor allem bessere Währung im Vergleich zum Papiergeld sehen, haben damit durchaus nicht Unrecht. Immerhin gilt: „le mieux est l’ennemi du bien“. Eine ganz andere Frage ist allerdings diejenige, ob nicht die Beteiligung am Produktivvermögen via Aktien der überzeugendere Weg zum langfristigen Vermögensaufbau ist; womöglich sogar der Königsweg.
Aus ChicagoIhr
Dr. Christoph Bruns
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