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5 Minuten Geldanlage Die Schwellenländer sind zurück

Der Abgesang kam zu früh. Vermögensverwalter Uwe Wiesner von Hansen & Heinrich sieht die Emerging Markets wieder im Aufwind.
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Börse in Shanghai: Der Aktienmarkt wird für ausländische Investoren geöffnet

Uwe Wiesner ist Portfoliomanager der Vermögensverwaltung Hansen & Heinrich AG in Berlin

Capital: Als die US-Notenbank im vergangenen Jahr ankündigte, den Geldstrom in die globale Wirtschaft drosseln zu wollen, gab es für viele Schwellenländer ein böses Erwachen. Ist dieser Schock inzwischen überwunden?

Wiesner: Die Ankündigung kam damals für viele Marktteilnehmer sehr überraschend. Da die Investitionsquoten in den so genannten Emerging Markets einerseits sehr hoch und gleichzeitig die Liquidität der Märkte eingeschränkt war, führten die Verkäufe zu heftigen Verlusten. Diese gingen weit über das hinaus, was vor dem Hintergrund der fundamentalen Daten gerechtfertigt gewesen wäre. Die Situation hat sich mittlerweile umgekehrt. Die wirtschaftlichen Rahmendaten und Aussichten haben sich verbessert. Es wird für 2014 ein beschleunigtes BIP-Wachstum von 5,4 Prozent erwartet. Der Zuwachs wäre damit doppelt so hoch wie das der Industrieländer. Ausländische Marktteilnehmer sind deutlich niedriger investiert. Emerging Markets bieten daher aktuell sowohl auf der Aktien- als auch auf der Rentenseite ein besseres Chance-Risiko-Verhältnis als mancher etablierter Markt.

Welchen Ländern ist aus heutiger Sicht am ehesten eine Wiederankopplung an die Industrienationen zuzutrauen?

Die besten wirtschaftlichen Aussichten bieten Länder mit geringer Verschuldung, hohen Devisenreserven und einer stabilen politischen Situation. Dieses Umfeld ist in Asien in China, Vietnam oder Singapur zu finden. In Lateinamerika hängt vieles von der Entwicklung in Brasilien ab, die erheblichen Einfluss auf ganz Südamerika hat. Osteuropa steht dagegen weiter unter dem Einfluss der Ukraine-Krise und dem schwachen europäischen Wachstum.

Schwellenländer-Aktien werden derzeit mit einem Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) von 1,6 und damit deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt gehandelt. Ist das nicht ein attraktives Einstiegsniveau?

Das Niveau ist sehr attraktiv, die Bewertung günstig. Gewinne und Dividenden vieler Unternehmen sollen weiter wachsen. Eine junge Bevölkerung, eine zunehmende Mittelschicht sowie ein immer stärker werdendes Selbstbewusstsein dortiger Unternehmen, eröffnen Privatanlegern Möglichkeiten. Zudem ist die Verschuldungsproblematik in diesen Staaten unbedeutender als in den alten westlichen Industrieländern. Die Tatsache, dass etwas günstig ist, darf aber kein alleiniger Kaufgrund sein. Denn die Schwankungen bei diesen Aktien sind und bleiben hoch. Wer das nervlich nicht aushält oder wessen Vermögen keinen ausreichenden Risikopuffer darstellt, der sollte die Finger von diesen Papieren lassen.

Russland steht heute vor allem aus politischen Gründen im Fokus. Aber das Land ist auf KBV-Basis billiger als 2009 und die Dividendenrendite ist höher als das Kurs-Gewinnverhältnis. Das hört sich für Anleger doch sehr verlockend an. 
Dividendenstrategien finden bei Investoren in Schwellenländern noch wenig Beachtung. Dabei ist das Dividendenwachstum doch recht beachtlich.

Fundamental sind Aktien wie einzelne Energie- und Basisindustriewerte wie Gazprom mit einem KGV von etwa drei sehr preiswert. Diesen Vorteil werden die Anleger erst nach einer Lösung der politischen Fragen vereinnahmen können. Bei einer Verschlechterung der politischen Situation drohen hingegen weitere Verluste. Ein Engagement in den schnell wachsenden Märkten ohne Blick auf die politische Stabilität sollte tabu sein. Russland ist ein deutlicher Beweis dafür.

Was würden Sie Anlegern, die jetzt Schwellenländerpositionen aufbauen wollen, raten?

Es ist ein guter Zeitpunkt, Investitionen zu tätigen. Die geplante Anlagesumme sollte in mehreren Schritten angelegt werden. Indexfonds sind ein überzeugendes Instrument für die dortigen Märkte. Dividendenstarke Titel sind eine gute Alternative. Die Öffnung des Marktes in Shanghai bietet eine zusätzliche Investitionsmöglichkeit. Und nicht zuletzt gilt allgemein: Geduld ist gerade in den Emerging Markets eine Tugend, die sich auf Dauer bezahlt macht.

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