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Analyse Inflation bleibt vorerst im Keller

Mit ihrem Anleihenkaufprogramm will die EZB die Inflation anheizen. Doch dieses Ziel wird sie kaum erreichen. Von Stephan Witt
EZB-Zentrale in Frankfurt (Foto: ECB)
EZB-Zentrale in Frankfurt (Foto: ECB)
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Stephan Witt ist Kapitalmarktstratege der Finum Private Finance AG, Berlin

Mit ihrer Entscheidung am 22. Januar kündigte die Europäische Zentralbank an, den bislang abstrakten Betrag von 1140 Mrd. Euro an Staatsanleihen und Anleihen von privaten Schuldnern auf dem Sekundärmarkt zu erwerben. Dieses bisher in der europäischen Währungsunion einmalige Ereignis führte im Laufe der Handelstage zu einem neuen Allzeithoch von fast 10.800 Punkten im Deutschen Aktienindex.

Zum Mittel des Quantitative Easing (QE) greifen Zentralbanken in der Hoffnung, dass sich dadurch die Geldmenge im Wirtschaftsraum erhöht und das Inflationsziel (etwa zwei Prozent) erreicht wird. Normalerweise erfolgt dies durch den Leitzins, doch dieser ist seit langer Zeit nahe null. Dort ist also kein Spielraum mehr vorhanden. Nun hofft die EZB, durch einen groß angelegten Ankauf von Staats- oder auch Unternehmensanleihen noch mehr Geld in die Wirtschaft zu pumpen und sie damit zu fördern. Dass diese Methode Erfolg haben kann, zeigt das Beispiel USA.

Nach der Krise 2009 kaufte die Federal Reserve regelmäßig Staatsanleihen in Milliardenhöhe, mit dem Ziel die Konjunktur wieder in Schwung zu bringen. Und das Programm funktionierte besser als anfangs gedacht. Mittlerweile hat sich die Wirtschaft der USA wieder erholt. Investoren, die rechtzeitig auf amerikanische Unternehmen oder andere Wertpapiere gesetzt haben, können sich über starke Gewinne freuen. Auch der Dollar legte in letzter Zeit stark zu. Die US-Zentralbank überlegt bereits, den Leitzins wieder anzuheben.

Gefahren durch Quantitative Easing sind groß

Doch ob sich der Erfolg auch auf den Euroraum übertragen lässt, bleibt abzuwarten, da die Maßnahmen in den USA hauptsächlich über den Immobilienmarkt wirkten. Weiterhin ist nicht garantiert, dass ein Anleihenkauf wirklich die Wirtschaft ankurbelt. Unternehmen und Banken könnten das frische Geld auch parken, statt es in Form von Investitionen in Umlauf zu bringen.

Die Gefahren durch Quantitative Easing sind groß. Bisher gibt es keine Erfahrungswerte und wohl keine Vorstellung, welche Auswirkungen diese Maßnahmen auf das Vertrauen in den Euro haben werden. Denn spätestens mit dieser historischen Entscheidung steht fest, dass die Länder der Eurozone gemeinsam haften. Auch die Frage der Rückführung dieser Menge an Geld bleibt bisweilen unklar.

Aufgrund der erhöhten Geldmenge könnte dieses Programm die Entwertung des Euros weiter mittel- langfristig vorantreiben. Dies wiederum begünstigt europäische Exporte ins Ausland, was vor allem exportstarken Nationen in die Hände spielt und die Wirtschaft beleben soll. Außerdem plant die EZB mit der Maßnahme, dass die Banken das frische Geld (das durch den Kauf der Anleihen aus dem Bestand der Banken neu zur Verfügung steht) weiter investieren. Entweder in Form von Krediten oder durch den Kauf von Wertpapieren, wie etwa Aktien. Eine erhöhte Nachfrage nach Aktien wird natürlich steigende Kurse zur Folge haben. Chancen bestehen aktuell bedingt durch die Alternativlosigkeit wohl am meisten am Aktienmarkt. Der Dax bewegt sich derzeit von Hoch zu Hoch. Ein Ende ist aufgrund der Rahmenbedingung derzeit nicht in Sicht.

Ob die Inflationsrate durch QE bald wieder steigt, darf bezweifelt werden. Durch diesen aggressiven Schritt der Zentralbank soll das Inflationsziel wieder erreicht und damit ein stärkerer Anreiz für Verbraucher zum Kauf geschaffen werden. Dies wirkt sich natürlich auf das Konsumverhalten und somit auf die Lohnentwicklung aus. Derzeit warten viele Investoren oder Konsumenten mit ihren Kaufentscheidungen noch ab.

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