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Geldanlage Hier berät Sie ein Roboter

Anlageberatung per Roboter setzt sich durch. Meistens kommen dabei bessere Depots heraus als beim Bankberater. Von Nadine Oberhuber
Würden Sie einem Roboter ihr Geld anvertrauen? Bei der Geldanlage kann man auf ihn setzen - Foto: Getty Images
Würden Sie einem Roboter ihr Geld anvertrauen? Bei der Geldanlage kann man auf ihn setzen - Foto: Getty Images

Nadine Oberhuber ist Wirtschafts- und Finanzjournalistin. Sie schreibt auf Capital.de über Geldanlagethemen

Wir lassen uns ja mittlerweile von kleinen Maschinen, die wir wechselweise am Ohr oder in der Hosentasche tragen alles sagen: Wann es Zeit ist aufzustehen und wie viele Stunden wir bis dahin durchgeschlafen haben. Wen wir unbedingt mal kennenlernen sollten. Wann die nächste U-Bahn fährt und welcher unserer Bekannten gerade im Café nebenan sitzt und womöglich auf Gesellschaft hofft. Das ist alles praktisch, weil es uns durchs Leben lotst und uns dabei allerlei Überlegungen abnimmt. Nur eines sagen uns Smartphones und Superapps bisher noch nicht: Wie wir am besten unser Geld anlegen sollen. Aber mal angenommen, sie könnten das.

Der Gedanke ist gar nicht so weit hergeholt. Es gibt Entwickler und Programmierer, die längst an solchen Anlageberatern arbeiten, die eben nicht mehr aus Fleisch und Blut bestehen, sondern nur aus Algorithmen. Und sie werden auch schon bei den ersten Unternehmen eingesetzt. Es sind Roboter, die Anlegern nacheinander ein paar standarisierte Fragen stellen und anhand der Antworten das optimale Depot für genau diesen Kunden zusammenbasteln: Wie viel Geld will er anlegen? Welche Summe hat er monatlich noch zur Verfügung? Wie sicher darf´s denn sein oder wie risikobereit ist er zur Not? Hat er bereits Erfahrungen mit bestimmten Anlageklassen gesammelt, möglicherweise sogar schon Aktien gekauft? Und möchte er eine möglichst einfache und übersichtliche Lösung, oder darf es ein bisschen komplizierter sein? Moment, eben rechnen ... und fertig ist das Depot. Man kann es sogar mit einem Klick beim Onlinebroker bestellen.

Skepsis ist unbegründet

Einige wird es bei dem Gedanken grausen. Sie werden sich fragen: Warum sollte ich ausgerechnet einem Computer meine Geldanlage überlassen? Dieses wichtige Thema, bei dem es ja schon denkenden und gut informierten Menschen schwer genug fällt, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Kann ein Roboter das wirklich besser? Diesen Skeptikern seien zwei Dinge gesagt:

Erstens: Überlegen Sie mal, welche Fragen Ihnen Ihr Bankberater beim letzten Besuch gestellt hat – unterschieden die sich wirklich so sehr von den oben genannten? Und machen Anlageberater bei Hausbanken wirklich etwas anderes, als Ihnen im Beratungsgespräch einen Multiple-Choice-Fragebögen vorzulesen, auf denen dann der Berater ein paar Dinge ankreuzt, um dann nach einem oft ebenfalls nicht ganz nachvollziehbaren Algorithmus des menschlichen Gehirns ein bestimmtes Anlageprodukt zu empfehlen? Immerhin ist relativ klar, wonach die Berater diese Produkte auswählen, die sie Anlegern letztlich empfehlen: Meistens danach, wie viel sie selbst (durch Provisionen) und die Banken (durch die Gebühren) daran verdienen. Zumindest lassen viele Tests von Verbraucherschützern, Medien und Mysteryshoppern darauf schließen. Diese Leistung wäre durchaus auch von einem Roboter zu toppen.

Zweitens: Sind Sie wirklich sicher, dass Sie bisher noch alles selber entschieden haben und noch nie den Rat eines Beratungs-Roboters in Anspruch genommen haben? Es gibt schon etliche Firmen, die mit Hilfe solcher Computerprogramme ihre Kunden beraten. Unter anderem setzen auch einige Direktbanken wie comdirect oder DAB Bank bereits Software ein, mit deren Hilfe Anleger sich Musterportfolios zusammenstellen können. Daneben gibt es etliche Start-ups der Finanzbranche, die inzwischen die Idee der computergestützten Vermögensverwaltung vorantreiben. Hierzulande etwa Cashboard und Vaamoo, in Amerika etwa Assetbuilder oder Betterment. Insgesamt verwalten Robo-Advice-Anbieter geschätzt 10 bis 15 Mrd. Dollar für mehrere zehntausend Kunden weltweit. Und machen sie das schlecht?

Zumindest kann man so viel sagen: Sie machen es sehr praktisch. Sie stellen in der Regel Portfolios zusammen, die aus verschiedenen Indexfonds ETF bestehen. Aus denen kann man ja inzwischen bekanntlich Depots jeder Art zusammenbasteln, weil es nicht nur Aktien- und Renten-ETFs gibt, sondern auch welche für Rohstoffe oder auf einzelne ausgewählte Branchen. Und das machen sie sehr billig: Weniger als ein Prozent ist laut Anbietern für das Gesamtmanagement solcher Depots fällig. Das ist weniger als der Manager eines üblichen aktiven Fonds für seine Jahresleistung abzwackt.

Zudem gibt es meist nicht mal einen Mindestanlagebetrag. Man bekommt also im Grunde eine persönliche, wenn auch eine leicht standarisierte Beratung, selbst wenn man nicht in die Liga der 100.000-Euro-Plus-Kunden gehört. Individueller als beim Bankberater dürfte sie in jedem Fall sein. Und ob man wirklich alle ETFs kauft, die einem der Robo-Banker empfiehlt, bleibt ja dem Kunden immer noch selbst überlassen.

Es ist ja auch nicht so, als ob Computer in der Anlage- und Börsenwelt etwas Neues wären. Algotrader und Trendfolgesysteme nutzen seit Langem die kühle Rechenleistung von Computern, um nach auffälligen Mustern oder kleinsten Kursabweichungen zu suchen, damit daraus Kapital für die Anleger geschlagen wird. Nun kann man darüber streiten, wie sympathisch einem die vielen Supercomputer an den Börsen sind, schließlich können sie ebenso Kurse binnen Sekunden stürzen lassen, wenn sie alle zur selben Zeit verkaufen, weil sie auf dasselbe Ergebnis gekommen sind.

Fakt ist aber: Computer machen diese Dinge völlig automatisch, weil es ihnen irgendjemand so einprogrammiert hat. Und zumindest in dem Punkt könnten sich viele Anleger eine Scheibe von den Robotern abschneiden.

Computer kontrolliert Depotzusammensetzung

Denn wenn beim Anlegen etwas nicht funktioniert, das predigt die Verhaltensökonomie immer wieder, dann ist das meistens der Mensch. Er kauft steigende Aktien zu spät und verkauft sie zu früh wieder. Verliererpapiere dagegen hält er stets viel zu lange. Er handelt insgesamt oft zu viel und verschwendet dabei viel zu viele Gebühren. Dabei gibt es längst einfache und gute Strategien, die uns sagen, wie es besser geht. Zum Beispiel die von der optimalen Portfolioaufteilung, die der Ökonom Harry Markowitz schon in den 1950er-Jahren formuliert hat und die beziffert, aus welchen Anlageklassen ein Depot je nach Risikoneigung eines Investors am besten besteht. Aber wer kennt die schon? Die Robo-Adviser kennen sie und richten ihre Empfehlungen danach aus.

Nun kann man sich nach solchen Vorgaben auch selbst ein Depot zusammenstellen. Doch fast jeder Anleger, der das einmal tut, kümmert sich häufig jahrelang nicht mehr um die weitere Performance und darum, ob die Gewichtung der einzelnen Anlageklassen auch auf lange Sicht stimmt. Wenn er sich zum Beispiel entschieden hat, 60 Prozent auf Anleihen zu setzen und 40 Prozent auf Aktien, dann stimmt das meist nur einmal ganz zu Beginn der Investition. Danach fangen die Kurse der einzelnen Papiere an zu steigen oder zu fallen – und die Gewichte im Depot verschieben sich. Aber gibt es irgendjemanden, der das auch regelmäßig kontrolliert und nachjustiert? Ein Fondsmanager würde das tun, natürlich gegen Geld. Ein Computer kann das ganz automatisch.

Eigentlich gibt es also viele gute Argumente, warum wir die Geldanlage genauso gut von Maschinen übernehmen lassen könnten. Erst mal von den größeren von ihnen, bevor auch jedes Smartphone es kann.

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