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Geldanlage Ein süßes Debakel

Der Preis für Zucker sinkt seit Jahren. Anleger können mit Futures darauf wetten, dass es weiter bergab geht. Doch eine Vorhersage ist schwierig.

Im Sommer geisterte das Gespenst der Nutella-Krise durch die Medien. Eine frostige Frühjahrsnacht hatte in der Türkei weite Teile der Haselnussernte vernichtet. Die Türkei ist der größte Produzent von Haselnüssen weltweit, der italienische Süßwarenkonzern Ferrero einer ihrer Hauptkunden. So waren die Wirtschaftsteile der Zeitungen voll von Warnungen, dass der Preis für Nutella drastisch steigen könnte. Und das, obwohl der Brotaufstrich zu gerade einmal 13 Prozent aus Haselnüssen besteht – und zu zwei Dritteln aus Zucker.


Über den Zuckerpreis müssen sich Nutella-Fans indes keine Sorgen machen. Der süße Rohstoff wird seit Jahren immer billiger. Mitte 2011 kostete ein Pfund Zucker noch rund 32 US-Cent, seitdem geht es stetig bergab. Mittlerweile steht der Zuckerpreis bei 16 Cent pro Pfund. Terminkontrakte, auch Futures genannt, mit denen sich Käufer gegen Preisschwankungen an den Rohstoffmärkten absichern, deuten darauf hin, dass der Preis weiter sinken wird. In Kontrakten, die im Oktober fällig werden, kostet Rohzucker nur noch rund 14 Cent je Pfund, berichtet Michaela Kuhn, Rohstoffanalystin der Commerzbank. „Der Zuckerpreis kommt nicht auf die Beine“, konstatiert sie.

Überangebot lässt Zuckerpreis fallen

Der Preis fällt, weil weltweit immer mehr Zucker produziert wird. Zucker wird vor allem aus Zuckerrohr oder Zuckerrüben gewonnen. Die größten Produzenten sind Brasilien, Indien, China, Australien und die USA. Für das laufende Jahr vermelden sie überwiegend reiche Ernten. Indiens Zuckerproduktion steigt in der Saison 2014/2015 voraussichtlich um rund eine Million Tonnen auf 25,5 Millionen Tonnen, heißt es von der Commerzbank. Australien erwartet die größte Zuckerrohrernte seit 2006. Die Internationale Zuckerorganisation (ISO) rechnet für die Erntesaison 2014 und 2015 mit einem weltweiten Überangebot von 1,3 Mio. Tonnen. Damit stehe dem globalen Zuckermarkt die fünfte Saison in Folge ins Haus, in der das Angebot die Nachfrage übersteigt, berichtet das Online-Fachportal Agrimoney.


Anleger, die ihr Portfolio mit Rohstoffinvestments breiter aufstellen wollen, können darauf wetten, dass der Preis weiter sinkt. Die Schweizer Privatbank Vontobel zum Beispiel bietet einen „Mini Future Short“ auf den Zuckerpreis an (ISIN: DE000VZ5TTV8). Das Produkt hat einen Hebel, Investoren profitieren also überproportional stark, wenn der Zuckerpreis weiter nachgibt. Spekulationen mit Agrarrohstoffen sind zwar umstritten. Das liegt aber hauptsächlich daran, dass sie im Verdacht stehen, die Preise für Lebensmittel in die Höhe zu treiben. Diese Gefahr ist mit einem Short-Future nicht sonderlich groß. Weil Futures, vor allem solche mit Hebel, ein komplexes Investment sind, eignen sie sich allerdings nur als Beimischung für erfahrene und risikobereite Investoren.

Südzucker-Aktie unter Druck

Auch Aktien von Zuckerproduzenten sind jetzt ein riskantes Investment. Der Aktienkurs des europäischen Platzhirsches Südzucker ist seit Anfang März vergangenen Jahres von seinem bisherigen Höchststand bei 34 Euro auf mittlerweile 12 Euro gefallen – ein steiler Absturz. Die meisten Analysten rechnen damit, dass der Kurs als Folge des Überangebots weiter nachgeben wird. Lediglich die Spezialisten vom Bankhaus Lampe glauben, dass Südzucker überproportional stark gelitten habe, und sehen jetzt Einstiegschancen für langfristige Investoren.


Zucker wäre allerdings kein echter Agrarrohstoff, wenn man seine Preisentwicklung verlässlich voraussagen könnte. Und so sieht es zwischenzeitlich immer wieder so aus, als könne der Abwärtstrend drehen: Im Sommer sorgten sich die Märkte über eine Dürre in Brasilien, die die Zuckerrohrernte bedrohte. Der Zuckerpreis legte deshalb im Juni um 2 Cent zu. Zuletzt kündigten die brasilianischen Zuckerproduzenten an, die Produktion wegen des Überangebots senken zu wollen. Einige wenige Analysten rechnen deshalb damit, dass die Nachfrage das Angebot im kommenden Jahr übersteigen könnte. Dann würde der Preis für Zucker wohl doch wieder anziehen.

Entwicklung des Zuckerpreises

(Angaben in US-Cent)



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