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Kopieren an der Börse Das steckt hinter dem Phänomen der Copycat-ETFs

Zentrale von Blackrock in Hudson Yards, New York
Große Anbieter wie Blackrock und Co. kopieren immer öfter kleinere ETFs
© Sipa USA | SOPA Images / Picture Alliance
Was in anderen Branchen nicht neu ist, tritt auch in der ETF-Szene immer häufiger auf. Mindestens 59 sogenannte Copycats sind derzeit auf dem Markt

Keine Assetklasse hat in den vergangenen Jahren so viel Geld eingesammelt wie ETFs. Börsengehandelte Indexfonds gelten als einfach, günstig und transparent. Das macht sie so attraktiv für Anleger – und auch für Emittenten, die beinahe wöchentlich neue Produkte auf den Markt bringen. Das Wachstum ist rasant. Allein zwischen 2003 und Ende 2023 wuchs die Zahl der weltweit gehandelten ETFs von 276 auf 10.319. Tendenz weiter stark steigend. 

In diesem Umfeld ist es per se schwer herauszustechen. Bislang war das mit innovativen Ansätzen allerdings noch immer möglich. Bislang – denn inzwischen klagen vor allem kleinere Anbieter wie VanEck und HANetf, dass Branchengrößen wie Blackrock und andere ihre guten Ideen kopieren. Sogenannte Copycats seien radikal auf dem Vormarsch, heißt es in Branchenmedien. Die ETF-Szene ist deshalb in Aufruhr, und fragt sich: müssen kleinere Anbieter besser geschützt werden?

Die Frage wird derweil nicht zum ersten Mal diskutiert. Sie bekam durch Äußerungen von HANetf Co-Gründer Hector McNeil allerdings neuen Rückenwind, der dem Portal „ETF Stream“ sagte: „Es ist definitiv ein Zeichen für einen kaputten Markt, wenn man als Sechster einsteigt, und trotzdem glaubt, gewinnen zu können.“

Mindestens 59 Copycats an der Börse

McNeil beschreibt dies am Beispiel des eigenen Metaverse-ETFs, den HANetf im März 2022 launchte. Es dauerte gerade einmal neun Monate, bis Branchenprimus Blackrock einen sehr ähnlichen ETF, den iShares Metaverse UCITS ETF, auf den Markt brachte. Und ähnliche Fälle gibt es Zuhauf. Sei es beim Rüstungs-ETF von VanEck, dem Kupferminen-ETF von Global X oder dem auf nachhaltige europäische Anleihen spezialisierten ETF von Tabula (Tabula EUR IG Bond Paris-aligned Climate UCITS ETF). Bei allen gibt es vergleichbare Produkte von Blackrock, die wenige Monate später auf den Markt kamen. Wobei die Großen mitunter nur das Momentum der Kleinen nutzen. Blackrock beispielsweise hatte bereits seit 2018 eine Zulassung für einen Rüstungs-ETF, legte diesen aber erst im Februar 2024 auf, nachdem VanEck und HANetf mit ihren Defense-ETFs ab März 2023 höchst erfolgreich waren.

Der Finanzdienstleister Bloomberg ermittelte, dass derzeit mindestens 59 dieser Copycats nachgewiesen werden können. Diese zeichnen sich nicht unbedingt dadurch aus, dass sie in die selben Assets investieren –, mitunter auch das – aber vielmehr durch die zeitliche Abfolge und wie vergleichbar die Anlagestrategie dabei ist. Außerdem beliebt: gleiche Tickernamen in unterschiedlichen Märkten, zum Beispiel in den USA und Europa. Sicher nachweisen lässt sich das aber selten, weshalb auch kein Anbieter öffentlich zugibt, Ideen zu kopieren.

Das Vorgehen gilt in der Branche aber als ziemlich eindeutig. Meistens lassen sich die Großen dabei einige Monate Zeit, bis sie selbst einsteigen. „Blackrock steht nicht unter 500 Millionen Dollar auf“, sagt Michael John Lytle, CEO of Tabula Investment Management zu ETFStream.

„Kein Monopol auf gute Ideen“

Grundsätzlich wollen kleinere Anbieter nicht einmal über die Kopien klagen. Im Gegenteil: „Es ist ein Kompliment. Es zeigt, dass man als kleineres Team etwas Interessantes auf die Beine gestellt hat, es ist also ein Gütesiegel“, sagt VanEck-Europachef Martijn Rozemuller zu ETFStream. Und auch McNeil von HANetf nimmt es sportlich: „Es gibt kein Monopol auf gute Ideen.“ Zumal es in der Regel ein Vorteil bleibt, als erster am Markt gewesen zu sein, denn die meisten Alt-Investoren bleiben an Bord. Außerdem kommt mit dem Markteintritt der Großen Aufmerksamkeit auf die Anlageklasse, wovon auch die Kleinen profitieren.

Aber, und das ist der Nachteil: Ab dann tun sich die meisten sukzessive schwerer mit dem Neukundengeschäft. Denn, so sagt Rozemuller: „Die Großen haben höhere Marketingbudgets, bekanntere Marken und größere Sales-Teams.“ Seine Befürchtung: „Die Großen saugen Innovation aus dem Markt. Investoren sollten sich anschauen, wer wirklich innovativ war, denn sonst werden diese langfristig nicht mehr innovativ sein können.“

Die Kleinen wissen sich aber durchaus zu wehren – mitunter auch kreativ. Tuttle Capital Management legte beispielsweise 2021 einen doppelt gehebelten Short-ETF auf den großen ARK Innovation ETF von Promi-Investorin Cathie Wood auf. 2022 legte dieser um 150 Prozent zu, während der ARK ETF um 67 Prozent einbrach. 

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