Der Wind streicht sanft durch die Buschhecke. Jana, Benjamin und Maximilian hüpfen auf dem Trampolin. Ihre Eltern sitzen mit Kaffee und Kuchen auf der Terrasse ihres neuen Einfamilienhauses und schauen dem Trio beim Spielen zu. „Unser Traum vom eigenen Heim ist wahr geworden“, freut sich die 36jährige Dorothea K*. „Ohne die Kirche hätten wir es nicht geschafft“, ergänzt ihr Mann Benedikt. „Wir mussten kein teures Grundstück kaufen, sondern haben es zu einem günstigen Erbbauzins bekommen“, erläutert der 39jährige.
Die fünfköpfige Familie hat am Rande Karlsruhes gebaut. Auf einem Grundstück, dass dem Erzbistum Freiburg gehört. Über 99 Jahre hat die Familie mit der katholischen Kirche einen Erbbaurechtsvertrag für die Fläche geschlossen. Statt das Grundstück zum Nettobaulandswert von rund 100.000 Euro zu kaufen, zahlen sie jährlich einen Erbbauzins von vier Prozent. „Das wären eigentlich 4.000 Euro im Jahr“, sagt Benedikt K. „Doch weil das Erzbistum für jedes Kind eine Ermäßigung von 20 Prozent gewährt, zahlen wir nur 1.600 Euro.“ Hätte die Familie das Grundstück zusätzlich zum Bau des Hauses kaufen und finanzieren müssen, wäre es sehr eng geworden in der Kasse. „Unser Eigenkapital reichte gerade, um bei der Bank für den Hausbau ein günstiges Darlehen zu bekommen“, sagt der Vater. Nur weil Freunde beim Bau mit anpackten, konnten sich die Karlsruher überhaupt in das Abenteuer Eigenheim stürzen. „Ohne das Erbbaugrundstück müssten wir rund 5.000 Euro mehr im Jahr zahlen“, sagt Mutter Dorothea. „Das hätten wir kaum schaffen können.“
Bauen mit dem Pfarrer – das ist nicht nur im Erzbistum Freiburg möglich. Alle evangelischen Landeskirchen und katholischen Bistümer in Deutschland bieten Familien mit Kindern Erbbaugrundstücke oder Hypothekendarlehen zu vergünstigten Konditionen an. „Wir wollen damit jungen Familien bei der Bildung von Wohneigentum helfen“, sagt Claus Jilg, Leiter des Referats Grundstücksverkehr und Erbbaurecht im Erzbistum Freiburg. Bis zu 150 Erbbaurechtsverträge schließt Jilg Referat im Jahr mit Familien ab. Auf das katholische Glaubensbekenntnis kommt es dabei nicht an. „Wir unterstützen alle Familien mit christlicher Konfessionsbindung“, sagt Jilg. Lutheraner und Bekenner des christlich-orthodoxen Glaubens könnten ebenfalls in den Genuss des verbilligten Erbbaurechts gelangen.
Ganz uneigennützig agieren die Kirchen dabei nicht: Durch die Vergabe der Erbbaurechte bleiben sie Eigentümer der Grundstücke und können dennoch langfristig Rendite mit dem Boden erwirtschaften. Denn die Erbbaurechtsverträge werden meist über 99 Jahre geschlossen. Spätestens wenn die Kinder erwachsen sind, fallen aber die Zinsnachlässe weg. Das Erzbistum Freiburg gewährt sie sowieso nur sieben Jahre lang pro Kind. Das aber gibt Familien Zeit, um zusätzlich Geld anzusparen, um bei der Anschlussfinanzierung des Bankdarlehens einen größeren Betrag tilgen zu können. „Gegenüber einer Bankfinanzierung für den Grundstückskauf können wir in den sieben Jahren 23.800 Euro für die Sondertilgung sparen“, rechnet Vater Benedikt vor. Dennoch ist die Nachfrage nach Erbbaurechten heute längst nicht so groß wie noch vor fünf Jahren. Denn die Baugeldzinsen sind nach Ausbruch der Finanzkrise massiv gefallen, weil Investoren massiv in deutsche Bundesanleihen und Pfandbriefe geflüchtet sind.
Seit 2008 sind die Effektivzinssätze für zehnjährige Hypothekendarlehen nach einer Analyse der FMH Finanzberatung in Frankfurt von 5,4 Prozent auf aktuell 2,65 Prozent gefallen. „Bauherren, die höhere Monatsraten stemmen können, nutzen jetzt das billige Baugeld, um die Grundstücke direkt zu erwerben“, sagt Detlef Krone, Leiter des Liegenschaftsreferats im Bistum Osnabrück. Die 238 katholischen Kirchengemeinden im Bistum sind deshalb übereingekommen, den Erbbauzins auf 3,5 Prozent zu senken. Auch beim Kinderrabatt ist das niedersächsisch-bremische Bistum großzügiger: Die Ermäßigung wird gewährt, solange die Eltern Kindergeld beziehen – also bis zum 25. Lebensjahr, sollte der Nachwuchs studiert. Dafür gibt es allerdings erst ab dem zweiten Kind einen Rabatt von 20 Prozent, ab dem dritten Kind von 40 Prozent. Beim vierten Kind sind es 70 Prozent – und Familien mit fünf und mehr Kindern müssen überhaupt keinen Erbbauzins zahlen. Zudem bietet das Bistum noch verbilligte Erbbaugrundstücke für junge Ehepaare unter 35 Jahren. „Im ersten Jahr werden 80 Prozent des zu zahlenden Erbbauzinses erlassen, 60 Prozent im zweiten Jahr, 40 Prozent im dritten Jahr und 20 Prozent im vierten Jahr“, sagt Krone.
Auch wer nicht auf Erbbaugrund sein Haus errichten oder statt eines Eigenheims eine Eigentumswohnung erwerben will, kann von der katholischen Kirche Unterstützung beim Wohneigentumserwerb bekommen. Die nach dem Zweiten Weltkrieg zur Linderung der Wohnungsnot geschaffenen Siedlungshilfswerke bieten auch heute noch zinslose Darlehen an. Allerdings nur konfessionsgebunden. Meist müssen beide Eltern und die Kinder Mitglied der Kirche sein. Im Bistum Essen vergibt das Siedlungshilfswerk Kredite mit Null Prozent Zinsen über 10.000 Euro an Familien mit einem Kind. Für jedes weitere Kind können weitere 2.000 Euro beantragt werden. Im Erzbistum Köln bietet Meister-Gerhard-Werk zinslose Darlehen für Familien mit bis zu zwei Kindern mit einem monatlichen Nettoeinkommen von maximal 2.500 Euro an. Zusätzlich zum Grundkreditbetrag von 5.000 Euro gibt es weitere 3.000 Euro zinslos pro Kind. In beiden Fällen müssen die Darlehen im Regelfall innerhalb von zehn Jahren getilgt werden.
Über die Vergabe der Kredite entscheiden Kuratorien anhand sozialer Gesichtspunkte. Ein Rechtsanspruch auf die Förderung besteht nicht. Weil der Etat der Siedlungshilfswerke und die Zahl der Erbbaugrundstücke begrenzt sind, sollten Familien, die im nächsten Jahr Eigentum erwerben wollen, sich schon jetzt über die Fördermöglichkeiten informieren, rät Stephan Scharfenorth, Geschäftsführer des Baufinanzierungsportals Baufi24. „Die Anträge sollten dann so früh wie möglich gestellt werden, bevor die bereitgestellten Mittel erschöpft oder die Grundstücke vergeben sind.“