Die Apple-Aktie hat seit Beginn des laufenden Jahres einen Traumkurs aufs Parkett gelegt: Mit einem Kursplus von 45 Prozent seit Jahresbeginn konnte der Gigant aus dem Silicon Valley sein eigenes Allzeithoch überbieten. Das Unternehmen hat nun eine Marktkapitalisierung von rund 3 Billionen US-Dollar – ein Rekord, den Apple bislang nur selbst einmal für kurze Zeit im Jahr 2020 aufstellen konnte. Damit ist der Konzern nun mehr wert als Amazon und Alphabet zusammen und in etwa so viel wie die gesamte Wirtschaftsleistung Großbritanniens.
Bei solchen Zahlen könnte Anlegern schwindelig werden. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von rund 33 ist der Konzern nicht gerade das günstigste Big-Tech-Unternehmen. Gemäß Warren Buffetts Motto „Buy Low and Sell High“ stehen Anleger also vor der Entscheidung, ob sich der Einstieg jetzt noch lohnt oder ob die Kursrally ihren Zenit bereits erreicht hat und nun womöglich früher oder später ein Kursrutsch folgt.
Hilfreich ist zunächst ein Exkurs in die Historie: In den vergangenen zehn Jahren war Apple die meiste Zeit über das wertvollste Unternehmen der Welt. Der Kurs der Aktie hat in diesem Zeitraum um unglaubliche 1600 Prozent zugelegt. Besonders steil bergauf geht es für die Apple-Aktie – wie auch für die meisten anderen Tech-Titel – seit der Covid-19-Krise. Seinen jüngsten Kurssprung seit Jahresbeginn dürfte das Unternehmen unter anderem der Hype um Künstliche Intelligenz (KI) beschert haben.
Apple wartet mit eigener Datenbrille auf
Der neueste Coup des Billionenkonzerns ist der Einstieg ins Geschäft mit Datenbrillen: Im Juni stellte Apple sein VR-Headset mit dem Namen Virtual Pro vor. Für rund 3.500 Dollar soll die Brille voraussichtlich Anfang 2024 im Handel erhältlich sein. Damit ist sie verglichen mit den VR-Brillen von den Konkurrenten Oculus oder Meta alles andere als ein Schnäppchen – diese gibt es schon für um die 500 Dollar. Laut Apple-Chef Tim Cook setzt sich sein Modell allerdings von der Konkurrenz ab – er spricht bei der Apple-Brille von einer revolutionären Technik, sie sei der „erste räumliche Computer“.
Die Mixed-Reality-Brille funktioniert ganz ohne Tastatur und Controller, stattdessen steuern Anwender sie mit Händen und der Stimme. Die Journalisten-Meinungen zum Apple Virtual Pro sind gespalten – die einen sehen in der Brille tatsächlich den nächsten großen Wurf, andere bemängeln, dass der Hype um VR-Brillen längst abgeflacht sei. Verglichen mit dem Smartphone-Markt ist das Geschäft mit VR-Brillen noch sehr klein. Laut Marktforschern sollen im laufenden Jahr nur zehn Millionen VR- und AR-Brillen weltweit verkauft worden sein – im Vergleich zu 1,2 Milliarden Smartphones.
Bei Apples Mixed-Reality-Brille gab es bereits erste Dämpfer: Anders als ursprünglich angenommen musste der Konzern seine anvisierten Verkaufszahlen in den ersten zwölf Monaten kürzlich von einer Million auf weniger als 400.000 zusammenstreichen. Grund dafür sind unter anderem Produktionsschwierigkeiten in China. Auch das Erscheinen einer kostengünstigeren Version der Brille verschiebt sich damit erstmal weit nach hinten.
Das zeigt: Auch wenn die neue Datenbrille in Zukunft ein wichtiges Geschäftsfeld für Apple werden könnte – derzeit bleibt das Iphone nach wie vor Apples Zugpferd in Sachen Umsatzerlöse. Obwohl der weltweite Smartphone-Absatz zuletzt um 15 Prozent zurückgegangen ist, konnte Apple seine Erlöse im Smartphone-Segment um 1,5 Prozent steigern. Das Iphone 15 steht bereits in den Startlöchern und soll im dritten Quartal 2023 auf dem Markt erscheinen.
Aktienrückkäufe und ETF-Boom
Allerdings sollten Anleger wissen: Apple hat seine Kurse nicht nur mithilfe technischer Innovationen getrieben, an deren Zukunft Anleger glauben. Auch mit Aktienrückkäufen konnte der Tech-Gigant seinen Kurs nach oben treiben – so kaufe Apple in den vergangenen Jahren nahezu 600 Milliarden Dollar an eigenen Anteilsscheinen zurück.
Apple hat auch vom Boom passiver Investments profitiert. ETFs verzeichneten in den vergangenen Jahren milliardenhohe Mittelzuflüsse und als Schwergewicht zahlreicher Indizes konnte Apple so satte Kursaufschwünge mitnehmen. Innerhalb des US-Leitindex S&P 500 gehört der Konzern etwa zu den sogenannten „Sexy Six“. Gemeinsam mit Microsoft, Amazon, Meta, Alphabet und Nvidia machen sie rund 25 Prozent des S&P 500 aus, am MSCI World rund 17 Prozent. Das bedeutet allerdings auch: Fällt der Apple-Kurs, so macht sich das bei den großen Indizes ein stückweit bemerkbar. Umgekehrt: Gibt es weltweit Panikabverkäufe von Indexfonds, wirkt sich das auch auf den Kurs des Tech-Giganten aus.
Apple ist im Übrigen nicht der einzige Konzern, dessen Börsenwert in etwa mit der Wirtschaftsleistung eines ganzen Landes vergleichbar ist. So ist Microsoft mit rund 2,5 Billionen Dollar Marktkapitalisierung zum Beispiel mehr wert als Kanadas Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 2 Billionen Dollar. Amazons Marktkapitalisierung ist nahezu so hoch wie das BIP Spaniens. Immer wieder warnen Wissenschaftler vor der wirtschaftlichen Übermacht solcher Konzerne, die oft je nach Standort wenig Steuern zahlen und als Monopolisten der Konkurrenz den Wind aus den Segeln nehmen.
Fürs Depot könnte das allerdings Vorteile haben, zumindest in Apples Fall. Ein Großteil der Analysten bleibt trotz Rekord-Kurshoch von knapp 190 Dollar optimistisch und rät zum Kauf, meist begründet mit dem Hype um die neue VR-Brille. Das Analysehaus Jefferies etwa setzt das Kursziel auf 210 Dollar, Goldman Sachs auf 209 Dollar. Die Schweizer Großbank UBS stuft auf „Neutral“ ein mit einem Kursziel von 190 Dollar, das heißt einem gleichbleibenden Kurs.