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Peter Seppelfricke Kollektive Intelligenz: Die aussichtsreichsten Aktien der Profis

Händlerinnen arbeiten im Handelssaal der Frankfurter Börse
Händlerinnen an der Frankfurter Börse: Die Entscheidungen von Profiinvestoren können auch für Privatanleger hilfreich sein
© Hannelore Förster / IMAGO
Bei der Aktienauswahl sollten Privatanleger die Beurteilungen von kenntnisreichen Investoren – wie etwa Warren Buffett –berücksichtigen. Damit können sie eigene Analysen absichern 

An den Börsen weltweit werden aktuell etwa 50.000 Unternehmen gelistet. Viele kluge Anleger, Analysten und Akademiker zermartern sich regelmäßig den Kopf, wie man aus der Vielzahl dieser Anlagemöglichkeiten die attraktivsten herausfiltert kann. Regelmäßig werden deshalb vergleichbare Verhältniskennzahlen wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) oder das Verhältnis Enterprise Value/Ebitda gebildet, um die weltweit aussichtsreichsten Unternehmen im Rahmen eines Aktienscreenings zu identifizieren. 

Die Ranglisten dieser statischen Kennziffern sind jedoch regelmäßig wenig aussagekräftig, da die Entwicklung der Gewinne in Zukunft – das „Wachstum“ – ausgeblendet werden. Das wird besonders deutlich, wenn man den Kehrwert des KGV (Gewinn je Aktie/Kurs) betrachtet. Der Kehrwert des KGV repräsentiert die jährliche Rendite, die ein Aktionär aktuell auf das zu Marktwerten gebundene Kapital (Kurs) erzielen kann. 

Ein KGV von 5 entspricht mithin einer jährlichen Gewinnrendite von 20 Prozent bzw. ein KGV von 12 einer Gewinnrendite von 8,3 Prozent. Bei der Betrachtung dieser statischen Gewinnrenditen wird jedoch unterschlagen, dass die Gewinne der Unternehmen in Zukunft im Regelfall (nominal) wachsen werden. Die tatsächlichen Renditen auf das ursprünglich investierte Kapital (die historisch gezahlten Kurse) sollten folglich in Zukunft sogar noch höher ausfallen. 

Aktionärsrendite bildet nachhaltige, dynamische Gewinnrendite ab

Bei der Berechnung einer nachhaltigen Gewinnrendite sollte deshalb auch das Wachstum der Gewinne berücksichtigt werden. Mit ein wenig Finanzmathematik ist dies problemlos möglich. Aus einer Prognose der zukünftigen Gewinne lässt sich bezogen auf den aktuellen Aktienkurs ein interner Zinsfuß ermitteln, der die nachhaltige Gewinnrendite repräsentiert. Die nachhaltige Gewinnrendite ergibt sich demnach aus der aktuellen Gewinnrendite zuzüglich der zukünftigen Wachstumsrate der Gewinne (Herleitung siehe hier).

Die aktuelle Gewinnrendite („Cash Return“) resultiert aus dem Anteil der Gewinne, der an die Aktionäre direkt ausgeschüttet wird (Ausschüttungsquote*1/KGV). Das Wachstum wird durch den einbehaltenen bzw. reinvestierten Teil der Gewinne gespeist. Das Wachstum resultiert aus der Kapitalverzinsung (Return on Equity - ROE) auf den einbehaltenen Teil der Gewinne. Die jährliche Rendite („Aktionärsrendite“) ergibt sich demzufolge aus: Aktionärsrendite = Ausschüttungsquote*1/KGV + (1-Ausschüttungsquote)*ROE.

Aktionärsrendite erlaubt Bewertungsvergleich inklusive Wachstumsaktien

Die Aktionärsrendite ermöglicht einen anschaulichen Bewertungsvergleich verschiedener Aktien. Falls der gesamte Gewinn seinen Eigentümern (in Form von Dividenden oder Aktienrückkäufen) zur Verfügung gestellt wird (Ausschüttungsquote=100 Prozent), so entspricht die Aktionärsrendite exakt der Gewinnrendite (Kehrwert des KGV). Sofern ein Teil der Gewinne einbehalten und reinvestiert wird, kann sich der Return jedoch verändern. Eine Renditesteigerung kann erzielt werden, wenn der ROE die Gewinnrendite übersteigt. Im umgekehrten Fall – ROE kleiner als Gewinnrendite – müssen die Eigentümer jedoch eine Renditeverminderung hinnehmen.

Die besondere Stärke dieser Kennziffer ist deshalb, dass auch wachstumsstarke Unternehmen adäquat in diesem Screening berücksichtigt werden. Börsennotierte Unternehmen schütten regelmäßig nur etwa 30 Prozent ihrer Gewinne aus. Bei der Aktionärsrendite werden dann etwa 70 Prozent der Rendite über das künftige Wachstum der Gewinne generiert. Bei der Aktionärsrendite schneiden folglich auch die wachstumsstarken und profitablen amerikanischen Technologieunternehmen regelmäßig sehr gut ab. Die Betrachtung des KGV lässt dagegen Unternehmen wie Apple, Microsoft oder Nvidia häufig als sehr teuer erscheinen.

Absicherung der eigenen Analysen mit Schwarmintelligenz

Kluge und erfahrene Analysten sind aber demütig: Sie wissen nur zu gut, dass keine Bewertungsmethode perfekt ist und man sich bei seinen Beurteilungen auch irren kann. Es ist deshalb sehr hilfreich, auch die Entscheidungen von anderen kenntnisreichen Investoren zu berücksichtigen. Die Schwarmintelligenz ist besonders augenfällig bei der RTL-Sendung „Wer wird Millionär?“: Der Publikumsjoker liefert statistisch in 90 Prozent der Fälle die richtige Antwort. Es drängt sich deshalb auf, die kollektive Intelligenz auch bei der Aktienauswahl anzuwenden. Die Finanzmärkte sind sehr transparent und so lassen sich auch die Transaktionsdaten von Insidern (Vorständen, Aufsichtsräten), erfolgreichen Fondmanagern („Gurus“) oder auch von Shortsellern auswerten.

Die Käufe von Insidern oder bewährten Gurus wie Warren Buffett sind ein deutliches Signal, dass die betreffenden Unternehmen über aussichtsreiche Perspektiven verfügen. So erkennen Insider die aktuelle Geschäftslage (z.B. Auftragseingänge) eher als die breite Öffentlichkeit. Gurus zeigen auf Grundlage ihres reichen Erfahrungsschatzes auf, dass man gewisse Aktien trotz günstiger Bewertungsrelationen meiden sollte (Warren Buffett: „Wenn du nicht bereit bist, eine Aktie zehn Jahre lang zu halten, dann solltest du sie keine zehn Minuten besitzen."). 

Die Käufe von Insidern oder Gurus können folglich eigene, positive Einschätzungen untermauern. Die Verkäufe von Shortsellern sollten dagegen als Ausschlusskriterium dienen. Shortseller (z.B. Hedgefonds) verfügen häufig über brisante, nicht-öffentliche Informationen und derartige Leerverkäufe sind deshalb ein deutliches Warnsignal, die entsprechenden Aktien zu meiden.

Die Ergebnisse dieses Aktienscreenings, bei der die Aktionärsrendite als auch die Käufe/Verkäufe von kenntnisreichen Anlegern ausgewertet wurden, zeigt die folgende Tabelle. 

Peter Seppelfricke: Kollektive Intelligenz: Die aussichtsreichsten Aktien der Profis

Es offenbart sich, dass Techwerte wie Alphabet oder Microsoft eine hohe Aktionärsrendite aufweisen und auch von Insidern und Gurus bevorzugt werden. Aber auch eher unbekannte Unternehmen wie der französische Konzern Teleperformance (digitale Geschäftsdienstleistungen) werden von Gurus gesucht und weisen günstige Bewertungsrelation auf. Nahrungs- und Getränkehersteller wie Nestlé oder Pepsico findet man ebenfalls in dieser illustren Liste. Deutsche Unternehmen muss man leider mit der Lupe suchen. Einzig Rheinmetall schafft es in dieses aussagekräftige Ranking.

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