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To-go-Boom Warum immer mehr Menschen ihr Essen lieber mitnehmen

Bestellterminal in einer KFC-Filiale in Stuttgart
Bestellterminal in einer KFC-Filiale in Stuttgart. Der Trend zum To-Go-Essen freut die Fast Food-Ketten
© IMAGO / Arnulf Hettrich
Nur noch 35 Prozent der Schnellgastronomie-Kunden speisen vor Ort. Der Trend zeichnet sich nicht erst seit Corona ab – lässt Betreiber aber eher jubeln als verzweifeln

Vielen Kunden von McDonald‘s, Burger King & Co. dürfte zuletzt ein Wandel aufgefallen sein: Immer mehr Kassen sind aus den Filialen verschwunden, immer mehr digitale Bestellterminals dafür eingezogen worden. Immer mehr Sitzplätze sind größeren Wartebereichen gewichen. Und all das aus einem Grund: Das Bestellverhalten der Menschen hat sich stark verändert – nicht nur in Deutschland, sondern fast überall auf der Welt.  

Mehr und mehr Menschen verzehren ihre Bestellungen nämlich nicht mehr im Restaurant selbst, sondern unterwegs, zu Hause oder im Büro. Den Trend untermauern auch exklusive Daten der Marktforscher von Circana, die Capital vorliegen. Circana befragt dafür regelmäßig 800 repräsentative Kunden, was sie zum sofortigen Verzehr gekauft haben. Demnach essen inzwischen nur noch 35 Prozent der Besucherinnen und Besucher ihr Fast Food im Schnellrestaurant, während es vor Corona noch 40 Prozent waren. Zu unterscheiden von Schnellrestaurants wie Dönerbuden, Asia-Imbissen oder Bäckereien seien klassische Fast-Food-Ketten wie McDonald‘s oder Burger King – diese verfügen häufiger über große Sitzbereiche und sorgen dafür, dass immerhin noch 45 Prozent der Kunden in den Filialen vor Ort essen. 

Kein neuer Trend

Während der Trend an sich nicht neu ist, unterstreichen die Daten, wie stark Corona damit die Entwicklung beschleunigt hat. „Gesellschaftlich hat sich vieles nach Hause verlagert“, erklärt Circana-Marktforscher Jochen Pinsker. Hier unterscheide sich Deutschland sogar ein Stück weit von den USA, wo der Trend insgesamt noch deutlicher zu spüren sei. Denn während die Amerikaner zunehmend im eigenen Auto oder im Büro essen, wird in Deutschland eindeutig in den eigenen vier Wänden gespeist. Der Verzehr im Auto war in Deutschland noch nie ein großes Thema und Homeoffice hat das Bestellverhalten hierzulande stärker verändert als in den USA. „Das Büro als Verzehrort hat von Corona nicht profitiert“, sagt auch Pinsker. Stattdessen gehe der Trend in Richtung der eigenen vier Wände – auch, weil die hohe Inflation zu Sparmaßnahmen führe. Im Restaurants fallen Trinkgeld und weitere Kosten für Getränke an, die es zuhause nicht gebe. 

Für Restaurantbetreiber ist das kein Nachteil – viele begrüßen die Entwicklung sogar ausdrücklich. Denn essen die Kunden auswärts, können sie Flächen und Personal sparen, während sie die Preise gleichzeitig konstant halten können. Hinzu kommt, dass auf To-go-Speisen nur sieben Prozent Mehrwertsteuer anfallen – auf Vor-Ort-Speisen hingegen (normalerweise) 19 Prozent, wäre dieser Satz nicht aktuell reduziert. 

Nach und nach reagieren die Betreiber auch auf die Entwicklung. Die ersten offensichtlichen Änderungen sind digitale Bestellterminals in den Filialen. Diese schossen vor allem während der Corona-Zeit aus dem Boden, damals in erster Linie aus hygienischen Gründen. Doch die Terminals, glaubt Pinsker, wären wohl auch ohne Pandemie gekommen. Aus einem einfachen Grund: „Die Menschen lieben digitale Bestellungen, insbesondere weil sie diese im eigenen Tempo durchführen können.“ Kein Druck von anderen Kunden im Rücken, keine ungeduldigen Kassierer – außerdem sei die Bezahlung einfacher und die wahrgenommene Wartezeit kürzer. Die digitalen Terminals hätten ihren Sinn bewiesen. Und wären sie nicht so teuer, würden sie wohl überall Einzug halten. 

Burger King scheint dabei etwas entschiedener auf die Veränderungen zu reagieren als McDonald‘s. Auf Capital-Anfrage erklärt ein Burger-King-Sprecher, dass aktuell 200 Filialen umgestaltet würden – vor allem mit dem Fokus auf „Bestell- und Abholprozesse“. So werde der Bereich für die Bestellung räumlich vom Abholbereich getrennt, was die Prozesse optimiere. Bei Neubauten prüfe Burger King, ob zwei Drive-in-Spuren realisierbar seien.  

Restaurant bleibt wichtig

In eine ähnliche Richtung geht es auch bei McDonald‘s, wenngleich der Konzern einige der beschriebenen Trends selbst nicht so wahrnimmt. Auch bei McDonald‘s würden immer häufiger zwei Drive-in-Spuren installiert, der Lieferservice sukzessive ausgebaut und sogenannte Pick-up-Zonen zum Mitnehmen eingerichtet, heißt es. Etwa alle zehn Jahre werde der Innenbereich einer Filiale aktualisiert – und aktuell vor allem digitalisiert. Nichtsdestotrotz würden das Restaurant und der jeweilige Verzehrbereich ihre Bedeutung behalten, erklärt eine Sprecherin. „Dass wir zum Beispiel den Speisebereich insgesamt verkleinern, können wir nicht bestätigen.“ Ähnliches berichtet auch Burger King. Dort bemerkt man inzwischen „eine Angleichung des Nutzungsverhaltens an die Vor-Corona-Zeit“, weshalb das Restaurant auch weiter wichtig bleibe.  

Pinsker will da gar nicht widersprechen, verweist aber auf die besondere Stellung der zwei großen Fast-Food-Ketten. Im Vergleich zur größeren Gruppe der Schnellrestaurants – wie zum Beispiel Stehimbissen oder Dönerbuden – gebe es hier mehr Sitzgelegenheiten, was ein anderes Klientel anziehe. An den grundlegenden Erkenntnissen ändere das aber wenig: „Grundsätzlich essen ältere Kunden häufiger vor Ort. Jugendliche hingegen nutzen Burger King oder McDonald‘s hingegen als Aufenthaltsort.“ Er beobachte nun, „dass die Altersgruppe dazwischen immer seltener vor Ort bei McDonald‘s oder Burger King isst“. Das seien vor allem junge Menschen zwischen 18 und 40 Jahren.  

Verantwortlich dafür seien große Megatrends – etwa, dass die Gesellschaft mobiler geworden ist. Auch die Tatsache, dass mehr Frauen berufstätig sind, spielt eine Rolle – das führt dazu, dass sich auch immer mehr Frauen über den Tag unterwegs ernähren müssen. Und nicht zuletzt geht es um die Zunahme der Singlehaushalte: Je weniger Personen in einem Haushalt leben, umso häufiger essen die Bewohner auswärts. Diese Entwicklungen scheinen auch anzuhalten – weshalb Pinsker vorerst auch kein Ende des To-go-Hypes sieht.  

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