Sie stecken im Cockpit, im Fahrassistenzsystem und im Infotainment: Elektronische Bauteile sind aus Autos nicht mehr wegzudenken. Darum bekommt die Autoindustrie es gerade auch schmerzlich zu spüren, dass auf dem Weltmarkt Chip-Engpässe herrschen. Wegen der Knappheit an Mikrochips haben Hersteller wie Volkswagen, Ford, Nissan oder Honda in den vergangenen Wochen Bänder anhalten und Schichten streichen müssen.
Die Probleme haben ihre Ursache in China. Dort liefen im zweiten Halbjahr – während des Aufschwungs nach der ersten Corona-Welle – mehr Kraftfahrzeuge vom Band als erwartet, China kaufte auf, was an Halbleitern für Autos verfügbar war. Nachschub für den Rest der Welt ist jedoch so schnell nicht parat. Denn die großen Produzenten stellten ihre Fertigung zu großen Teilen auf Speicher für die Unterhaltungselektronik um, berichten Marktbeobachter. In der Corona-Krise wurden mehr Fernseher, Laptops und Spielekonsolen nachgefragt, der Automarkt lag dagegen brach.
Von der Verknappung bleibt auch die deutsche Autobranche nicht verschont. Volkswagen etwa befürchtet, im ersten Quartal 100.000 Fahrzeuge in Europa, Nordamerika und China weniger produzieren zu können. Im Namen der Hersteller appellierte der Branchenverband VDA an das Bundeswirtschaftsministerium, sich politisch für eine Auflösung der Versorgungsengpässe einzusetzen.
Verteilungswettbewerb
Minister Peter Altmaier wurde offenbar beim taiwanesischen Konzern TSMC vorstellig, dem drittgrößten Halbleiterhersteller der Welt. Medien zitierten aus einem Schreiben, in dem Altmaier die große Bedeutung zusätzlicher Kapazitäten an Elektronik-Chips und Sensoren für die hiesige Fahrzeugindustrie und deren wirtschaftliche Erholung betont. Zudem weist der CDU-Politiker auf die Relevanz der deutschen Autobranche „für die Revitalisierung der Weltwirtschaft“ hin.
Unabhängig von den derzeitigen Problemen muss sich die Autoindustrie auch künftig in einem Verteilungswettbewerb mit den Riesen der Unterhaltungselektronik bewähren. Bislang bedienen die großen Chip-Hersteller die Autoindustrie nur mit einem Bruchteil ihrer Kapazitäten. Deren Verhandlungsmacht fällt entsprechend schwächer aus.
Vor allem die wachsende Bedeutung von Elektroautos verlangt derweil nach mehr Halbleitern – aber nicht nur. Nach Berechnungen der Marktforscher von AutoForecast Solutions hängt wegen der Chip-Knappheit aktuell die Herstellung von 280.000 Fahrzeugen in der Schwebe. Die „Financial Times“ zitiert das Institut IHS Markit mit einer Prognose von bis zu einer halben Million Ausfällen. Der Engpass könne sechs Monate anhalten.
Schon gibt es wieder Stimmen, die Neuinvestitionen in die vernachlässigte aber doch strategische Halbleiterindustrie Europas fordern. Denn der Bedarf steigt. Die Organisation Worldwide Semiconductor Trade Statistics (WSTS) beziffert das Volumen des Halbleitermarktes im Jahr 2020 auf rund 433 Mrd. Dollar und erwartet 2021 ein Wachstum von acht Prozent.
Aber wie sind die Marktführer in der Welt verteilt? Ein Überblick nach Umsatz :
Wo sitzen die führenden Chip-Hersteller der Welt?

Der in Kalifornien ansässige Intel-Konzern führt den Weltmarkt mit Halbleiter-Umsätzen von knapp 76 Mrd. Dollar an. Doch technologisch kämpft der US-Konzern mit der Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC) um die Führung. TSMC ist Zulieferer von vielen Intel-Konkurrenten wie AMD und Nvidia, die mit attraktiven Designs 2020 Umsatzzuwächse von je 40 und 50 Prozent erzielten und auf die Weltränge 8 und 15 vorrückten. Intel verlor zuletzt den Auftrag für die Chip-Ausstattung von Mac-Computern. Insgesamt setzten die sieben amerikanischen Halbleiterfirmen unter den Top 15 rund 170 Mrd. Dollar um.

Unter den global umsatzstärksten Produzenten sind die beiden größten koreanischen Chip-Hersteller Samsung (im Bild) und SK Hynix die zentralen asiatischen Lieferanten auf Platz zwei und vier. Samsung verkaufte laut Icinsights im vergangenen Jahr Mikroprozessoren im Wert von 60 Mrd. Dollar (plus 9 Prozent), SK Hynix folgte mit 26 Mrd. Dollar (plus 14 Prozent). Die Regierung will die Kompetenz Südkoreas in der Entwicklung von „smarten“ elektronischen Bausteinen für Anwendungen mit künstlicher Intelligenz (KI) finanzkräftig fördern und bis 2030 ein Fünftel dieses Marktes ins Land holen.

Wie angespannt die Situation bei einigen zentralen Zulieferern ist, zeigt sich am Beispiel TSCM. Als Auftragsfertiger ist der Hersteller aus Taiwan Weltmarktführer. Gemessen am Umsatz besetzt er mit 45 Mrd. Dollar Platz drei im globalen Ranking und legte 2020 rund 30 Prozent zu. US-Sanktionen gegen Chinas Chip-Fabrikanten Semiconductor Manufacturing International Corp. (SMIC) und den IT-Konzern Huawei leiteten viele Aufträge nach Taiwan um. TSCM bediente dabei vorrangig die Nachfrage der Autoindustrie aus der Volksrepublik und der globalen Unterhaltungselektronik. Der Konzern ist auch Zulieferer für amerikanische Chip-Hersteller.

Die japanischen Wettbewerber haben ihre ehemals führende Position mit einem Fünftel des Weltmarktes seit einem Jahrzehnt eingebüßt. Von Playern wie Toshiba, Panasonic, Fujitsu, Renesas Electronics oder Sony ist nur noch Toshiba Memory unter dem neuen Namen Kioxia auf Platz 12 der umsatzstärksten Halbleiterproduzenten vertreten. Der Konzern machte 2020 laut Icinsights 11 Mrd. Dollar Umsatz. Wegen der Unruhe auf dem weltweiten Markt für Speicherchips verschob Kioxia den im Herbst 2020 geplanten Börsengang. Im Automobilbereich ist noch Renesas Electronics eine bekannte Größe.

Europa ist seit einigen Jahren nicht mehr unter den Top 10 der Chip-Hersteller vertreten. Berücksichtigt man die Übernahme der Cypress Semiconductor Corporation aus San Jose (USA), landet der Münchner Konzern Infineon 2020 aber auf Platz zehn des Umsatzrankings: mit 11 Mrd. Dollar Umsatz. In Europa folgt noch die in Genf ansässige französisch-italienische ST Microelectronics mit 10 Mrd. Dollar auf Platz 14. Ein weiterer nennenswerter Mitspieler auf dem europäischen Chip-Markt ist noch die ehemalige Philips-Tochter NXP (im Bild). Infineon plant eine neue Produktionsstätte im österreichischen Villach.

In der Hochpräzisionsfertigung von elektronischen Bausteinen spielt die Volksrepublik noch keine große Rolle. Die Staatsführung strebt an, diesen Nachteil zu verändern, unter anderem mit einem Programm namens Made in China 2025. Experten sehen China auf dem Billigmarkt präsent, bei anspruchsvolleren Halbleitern aber ein bis zwei Generationen im Rückstand. Führender Hersteller ist die Semiconductor Manufacturing International Corporation (SMIC). In der Volksrepublik sind jedoch viele taiwanesische sowie andere asiatische und westliche Hersteller mit eigenen Werken präsent.