Kündigungswelle in der Techbranche

Mit Spotify reitet nun auch einer der führenden Tech-Konzerne Europas die Entlassungswelle. Der schwedische Musikstreamingdienst will rund sechs Prozent seiner Mitarbeiter entlassen, wie am 23. Januar bekannt wurde. Das wären bei zuletzt rund 9800 Vollzeitstellen etwa 600 Menschen. Chef und Gründer Daniel Ek übernahm wie viele andere Kollegen die Verantwortung für den Kahlschlag – was den Betroffenen kaum ein Trost sein dürfte, die fünf Monatslöhne an Abfindung hingegen schon eher. Spotify wird dafür laut Medienberichten rund 40 Mio. Euro ausgeben. Der Marktführer war wie andere Techkonzerne zu Beginn der Pandemie stark gewachsen und hatte viele neue Mitarbeiter eingestellt. Das Umsatzwachstum habe mit den Investitionen aber nicht Schritt halten können, räumte Ek nun ein. Er überschrieb seine Botschaft an die

Die enorme Entlassungswelle bei Twitter schien Ende 2022 noch ein singuläres Ereignis zu sein. Rückblickend aber wurde der neue Firmenchef Elon Musk damit zum Vorreiter – oder gab CEOs den letzten Anstoß, selbst einen großen Teil ihrer Belegschaft zu entlassen. Musk hatte im November 2022 angekündigt, in etwa jeden zweiten der rund 7500 Beschäftigten des sozialen Netzwerks zu feuern. Etliche Angestellte kündigten danach selbst, teils nach der Androhung von „Hardcore“-Arbeitsbedingungen durch Musk.

Wenige Tage nach Twitter folgte für das Silicon Valley der nächste Schock. Und der saß tiefer als die chaotische Übernahme des Kurznachrichtendienstes. Meta-Chef Mark Zuckerberg verkündete, sich von mehr als 11.000 Beschäftigten oder rund 13 Prozent der Belegschaft zu trennen. „Ich möchte die Verantwortung übernehmen für diese Entscheidungen und wie wir an diesen Punkt gekommen sind“, schrieb er den Angestellten bei Facebook, Instagram, Whatsapp und den übrigen Konzernbereichen.

Kaum war das neue Jahr 2023 da, steuerte die Tech-Entlassungswelle auf einen neuen Höhepunkt zu. In der breiten Bevölkerung sorgten die Einschnitte bei Salesforce zwar weniger für Schlagzeilen. Unter Beschäftigten der Techbranche aber brach angesichts der Dimensionen endgültig Panik aus. Der Software-Konzern aus San Francisco kündigte die Entlassung von 8000 Beschäftigten an. Das entsprach in etwa jedem zehnten Angestellten. Unmittelbar vor Ausbruch der Coronapandemie hatte Salesforce laut „New York Times“ rund 48.000 Beschäftigte.

Danach ging es Schlag auf Schlag weiter. Microsoft verkündete am 18. Januar, sich bis März 2023 von 10.000 Beschäftigten trennen zu wollen. Das war laut der „New York Times“ die größte Entlassungsrunde bei dem Software-Riesen seit acht Jahren und entsprach knapp fünf Prozent der weltweiten Belegschaft. Microsofts Ankündigung, sich auf neue Prioritäten wie Künstliche Intelligenz konzentrieren zu wollen, wurde umgehend umgesetzt. Am 23. Januar wurde bekannt, dass Microsoft 10 Mrd. Dollar in sein Partnerunternehmen OpenAI investiert. Dessen Programm ChatGPT könnte laut Experten endgültig die nächste Stufe von KI-Anwendungen einläuten, deren Texte und „Fachmeinungen“ zumindest auf den ersten Blick nicht mehr von der Arbeit von Menschen zu unterscheiden sind.

Nur zwei Tage nach Meta hatte Alphabet schlechte Nachrichten für seine Beschäftigten. Googles Mutterkonzern kündigte die Entlassung von 12.000 Beschäftigten an, die größte Kündigungswelle in der Unternehmensgeschichte. Die traf rund sechs Prozent der weltweiten Belegschaft. Google-CEO Sundar Pichai begründete die Entscheidung ebenfalls mit einem zu großen Mitarbeiterwachstum während der Pandemie und setzt wie Facebook stärker auf KI.

Die Entlassungswelle 2022/2023 ist längst nicht mehr auf den Tech-Sektor beschränkt. Im Januar berichteten unter anderem Bloomberg und Reuters, dass die Goldman Sachs Group mehr als 3000 ihrer rund 49.000 Beschäftigten entlassen will. Dies wäre laut einem Reuters-Informanten die größte Kündigungswelle seit der Finanzkrise 2008. In Deutschland plant angeblich der US-Autobauer Ford, im Kölner Werk in den nächsten Jahren bis zu 3200 Stellen zu streichen.