Wiedervorlage Gesetze im Test: App auf Rezept

Ein Arzt stellt ein Rezept aus
Ein Arzt stellt ein Rezept aus
© IMAGO / Westend61
Seit 2019 können Gesundheitsapps vom Arzt verschrieben werden. Was hat das Gesetz zur Förderung digitaler Gesundheitsleistungen gebracht?

„Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Medizinprodukten niedriger Risikoklasse, deren Hauptfunktion wesentlich auf digitalen Technologien beruht und die (…) bei den Versicherten (…) die Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten (…) unterstützen.“ § 33a, Abs. 1 DVG (Digitale-Versorgung-Gesetz)

Blutzuckerwerte messen, Medikamente pünktlich einnehmen oder eine Onlinetherapie machen – Gesundheitsapps fluten seit Jahren das Netz und die Smartphones. Wer sie nutzen wollte, musste selbst zahlen. Seit Dezember 2019 jedoch können die digitalen Gesundheitshelfer vom Arzt verschrieben werden. Das gilt für Apps und webbasierte Angebote. Die Kosten trägt die gesetzliche Krankenversicherung. 73 Millionen Versicherte haben somit Anspruch auf die digitalen Helfer. So steht es im Digitale-Versorgung-Gesetz und der dazugehörigen Digitale-Gesundheitsanwendungen-Verordnung. Mit den „Apps auf Rezept“ wollte Gesundheitsminister Jens Spahn die Digitalisierung des Sektors voranbringen, der bekannt ist für seine ineffiziente Zettelwirtschaft.

Zwei Jahre später fällt die Bilanz mager aus. Nur 24 digitale Gesundheitsleistungen stehen im Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, aus dem Ärzte verschreiben können und Kassen zahlen. Das liege „an den hohen Hürden beim Datenschutz und Nutzennachweis“, analysiert Laura Richter im McKinsey-E-Health-Report. Über 100 App-Entwickler bewarben sich: Die Hälfte zog den Antrag zurück, sieben wies die Behörde ab. Klar, auch eine App muss nützlich und sicher sein. Doch Medizinrechtler Pascal Hofer beklagt, Gesundheitsministerium und Bundesinstitut bremsten die Digitalisierung aus. Entwickler etwa, die in den USA sitzen, sind aufgrund des geringeren Datenschutzes chancenlos.

Zudem ist bisher die Nachfrage nach den „Apps auf Rezept“ – im Behördensprech auch DiGA genannt – minimal. Bis Juli 2021 gab es insgesamt keine 200.000 Downloads bei den verschreibungsfähigen Apps. Das deckt sich mit Statistiken der Krankenkassen. So gab die Siemens-Betriebskrankenkasse (1,1 Millionen Versicherte) bis Ende April 2021 gerade 349 Rezeptcodes für DiGA an ihre Versicherten aus, die Techniker Krankenkasse (11,6 Millionen Versicherte) kam bis Mitte Juni auf 6 126. Das sind weniger als 0,05 Prozent der Versicherten der jeweiligen Kasse. Die niedrigen Zahlen dürften auch am Verhalten der Ärzte liegen. Laut einer Patientenbefragung finden die meisten Nutzer ihre Gesundheitsapps selbst, nur elf Prozent bekamen den Tipp und damit wohl auch das Rezept vom Arzt.

Testurteil: Befriedigend

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