Anzeige
Anzeige

Wiedervorlage Gesetze im Test: Das Lobbyregister

Auf der Reichstagswiese hält eine Aktivistin von LobbyControl ein Transparent mit der Aufschrift "Lobby-Kontakte offenlegen!"
2021 demonstrierte die Organisation Lobbycontrol für mehr Transparenz bei Kontakten mit Interessensvertretern
© Jörg Carstensen / picture alliance/dpa
Ein Register sollte Licht in den Lobby-Dschungel beim Deutschen Bundestag bringen. Gelungen ist das nur teilweise

„Interessenvertretung ist jede Kontaktaufnahme zum Zweck der (...)Einflussnahme auf den Willensbildungs- oder Entscheidungsprozess der Organe, Mitglieder, Fraktionen oder Gruppen des Deutschen Bundestages oder zum Zweck der (...) Einflussnahme auf den Willensbildungs- oder Entscheidungsprozess der Bundesregierung.“ §1 Abs. 3 Lobbyregistergesetz

Wohin unkontrollierter Lobbyismus führen kann, zeigt der Fall Arnold Ramackers: Der einstige Finanzrichter und frühere Referent in der Steuerabteilung des Bundesfinanzministeriums verhinderte lange, dass Cum-ex-Geschäfte gestoppt wurden – im Auftrag der Bankenverbände. Sie finanzierten den „Trojaner“ im Ministerium, der auch nach Beurlaubung und Pensionierung dort weiter an Gesetzen mitschrieb. Ein krasser Fall von Lobbyismus, der Verwaltung ad absurdum führt.

Um derartige Verquickungen offenzulegen, wurde im Januar 2022 ein Lobbyregister eingeführt – gegen den Widerstand vor allem aus der CDU/CSU. Verbände, Unternehmen, Berater oder Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sind seither verpflichtet, sich beim Bundestag digital zu registrieren, wenn sie mit Abgeordneten oder Ministerialen (Referenten ausgenommen) reden wollen. Sie müssen eintragen, wer sie beauftragt hat und welche Finanzmittel für die Lobbyarbeit eingesetzt werden.

5538 Einträge zählt das Register im Januar 2023 – von der Aareal Bank bis zu Brigitte Zypries, der früheren Wirtschaftsministerin. Insgesamt 30.500 Mitarbeiter dürfen damit als Lobbyisten tätig werden. Doch es fehlt echte Transparenz: So verweigern 440 Organisationen die Auskunft über finanzielle Aufwendungen, diverse Agenturen nennen keine Auftraggeber. Geahndet werden diese Versäumnisse bislang nicht.

Das größte Manko aber: Es fehlt ein „legislativer Fußabdruck“, der offenbart, wer wie an Gesetzen mitgewirkt hat. Lobbyarbeit gegenüber Ministerien sollte komplett erfasst werden, nicht mehr nur teilweise, fordert etwa die Bürgerbewegung Finanzwende. Dienstleister sollten ihre Kunden, das Auftragsvolumen und Ziele aufschlüsseln und kontrollieren lassen.

Eins macht das Lobbyregister immerhin deutlich: Das Machtgefälle zwischen Konzernen, ihren mächtigen Verbänden und der Zivilgesellschaft ist enorm. Hunderte Mitarbeiter und Millionenbudgets stehen auf der einen Seite, Minigruppen mit Kleinstbeträgen auf der anderen. Dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. etwa ist der Draht zur Politik pro Jahr 15 Mio. Euro wert, die Organisation Finanzwende hingegen muss mit einem Budget von einer halben Million Euro auskommen. Und so kam bei den Gesetzentwürfen des Finanzministeriums zwischen 2014 und 2020 auf neun Stellungnahmen von Finanzlobbyisten nur eine aus der Zivilgesellschaft.

Testurteil ausreichend

Mehr zum Thema

Neueste Artikel

VG-Wort Pixel