Viele russische Oligarchen sind unter Präsident Wladimir Putin zu Multimilliardären geworden. Dessen Angriffskrieg auf die Ukraine trifft sie jedoch finanziell hart. Das US-Wirtschaftsmagazin „Forbes“ zählte 2022 bei seiner jährlichen Auflistung aller Dollar-Milliardäre weltweit nur noch 83 Superreiche aus Russland. Im Vorjahr waren es noch 117 gewesen. Aber auch für die verbliebenen Milliardäre brachen neue Zeiten an. Sie verloren laut der Analyse im Durchschnitt 27 Prozent ihres Vermögens, im Schnitt zwei Milliarden Dollar pro Kopf. Bei einigen Oligarchen hat sich das Vermögen aber auch mehr als halbiert, unter ihnen Roman Abramowitsch.
Die reichsten Russen
Die Sanktionen des Westens haben Abramowitsch besonders hart getroffen. Er rutschte im „Forbes“-Ranking der reichsten Menschen der Welt vom 13. Platz auf Rang 350. Das Magazin schätzte seine Vermögenswerte auf nur noch 6,9 Mrd. Dollar, 7,6 Mrd. Dollar weniger als im Vorjahr. Abramowitsch musste sich wegen der Sanktionen unter anderem vom englischen Premiere-League-Fußballclub FC Chelsea trennen. Sechs russische Tycoons haben laut „Forbes“ in den vergangenen zwölf Monaten sogar ein Vermögen im zweistelligen Milliardenbereich eingebüßt.
Das sind die reichsten Russen 2022

Das „Forbes“-Ranking basiert auf dem geschätzten Dollar-Nettovermögen zum Stichtag 11. März 2022. Das Magazin zählte weltweit 2668 Milliardäre. Auf Platz 173 kam die russische Nummer acht, Gennadi Timtschenko. Die Analysten bezifferten sein Vermögen auf 11,3 Mrd. Dollar. Im Vorjahr waren es noch rund 22,0 Mrd. Dollar und Platz 78 gewesen. Timtschenko hält unter anderem Anteile am Gasunternehmen Novatek und dem Petrokonzern Sibur. Er freundete sich den Angaben zufolge in den 90er Jahren in Sankt Petersburg mit Putin an. Nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs 2022 stand Timschenko auf der Sanktionsliste der Europäischen Union und des Vereinigten Königreichs. Die USA hatten ihn bereits 2014 sanktioniert.

Die Sanktionen des Westens richten sich gegen die meisten Männer auf dieser Liste, so auch Alischer Usmanow. Der Oligarch gehörte laut „Forbes“ zu den frühen Investoren bei Facebook und hält heute unter anderem Anteile am Stahlkonzern Metalloinvest und dem chinesischen Elektronikhersteller Xiaomi. Er leitete zudem viele Jahre lang eine Investment-Tochtergesellschaft von Gazprom. Sein Vermögen schmolz den Angaben zufolge binnen eines Jahres von 18,4 auf 11,5 Mrd. Dollar (Platz 99 auf 167).

Michail Fridman gilt als einer der einflussreichsten Unternehmer Russlands mit besten Verbindungen in den Kreml. Jedenfalls früher, denn „Forbes“ zitierte den gebürtigen Ukrainer mit den Worten „Krieg kann nie die Antwort sein. Diese Krise wird Leben kosten und zwei Nationen schaden“. Der Oligarch, der auch die israelische Staatsbürgerschaft besitzt, ist Mitgründer der Alfa Bank, Russlands größter nichtstaatlicher Bank. 2013 verkaufte der damalige Großaktionär des Ölkonzerns TNK-BP laut „Forbes“ seine Aktien für 5,1 Mrd. Dollar. Sein Vermögen schrumpfte den Angaben zufolge nach Ausbruch des Ukraine-Krieges von 15,5 auf 11,8 Mrd. Dollar. Fridman stieg im Ranking von Platz 128 auf 161 ab.

Alexei Mordaschow ist laut „Forbes“ der größte Verlierer unter den russischen Oligarchen. Der 2021 reichste Mensch Russlands verlor der Analyse zufolge binnen eines Jahres mehr als die Hälfte seines Vermögens. Das belief sich demnach auf nur noch 13,2 anstatt 29,1 Mrd. Dollar. Mordaschow stieg auf Platz fünf der reichsten Russen ab, international fiel er vom 51. auf den 138. Rang. Er hält die Mehrheit am Stahlkonzern Severstal und ist unter anderem Anteilseigner am Touristikkonzern TUI.

Die hohen Gaspreise und das ausbleibende Embargo des Westens gegen russische Lieferanten machen sich offenbar (noch) für Leonid Michelson bezahlt. Der Mitgründer und Vorsitzender des Erdgaskonzerns Novatek stürzte zwar im „Forbes“-Ranking von 24,9 auf 14,0 Mrd. Dollar ab (Platz 75 auf 130). Im täglich aktualisierten Milliardärsbarometer aber zeigte die Kurve für den Oligarchen nach der Veröffentlichung des Rankings schnell wieder steil nach oben. Der Geschäftspartner von Gennadi Timtschenko erreichte Mitte April 2022 schon wieder fast den Stand des Vorjahres.

Nur leicht verloren hat Pawel Durow. Der Gründer und Eigentümer des Messenger-Dienstes Telegram belegt im aktuellen „Forbes“-Ranking Platz 123, elf Plätze schlechter als im Vorjahr. Sein Vermögen wurde auf 15,1 Mrd. Dollar geschätzt. Das waren 2,1 Mrd. Dollar weniger als 2021. Durow besitzt den Angaben zufolge seit 2021 die französische Staatsbürgerschaft und lebt in Dubai.

Nur die zwei reichsten Russen haben sich 2022 in den globalen Top 100 platziert. Wladimir Potanin gelang das nur knapp. Der Oligarch, dem 35 Prozent des Bergbauunternehmens Norilsk Nickel gehören, fiel laut „Forbes“ vom 55. auf den 97. Platz. Potanin verfehlte zudem nur minimal den Einzug in die Gruppe der zweistelligen Milliardenverlierer in Russland. Seine Vermögenswerte schrumpften den Angaben zufolge um 9,7 auf 17,3 Mrd. Dollar. Aber auch Potanin erholte sich scheinbar rasch wieder. Mitte April 2022 wurde er bei „Forbes“ schon wieder mit 26,4 Mrd. Dollar geführt.

Der aktuell reichste Mann Russland hat sich kritisch zu dem Ukraine-Krieg geäußert. Laut „Forbes“ gehörte Wladimir Lissin zu den ersten Milliardären, die den Angriff ihres Landes öffentlich verurteilt haben und ist einer der wenigen Oligarchen, die nicht persönlich vom Westen sanktioniert wurden. Lissin leitet die NLMK Group, einen der größten russischen Hersteller von Stahlprodukten. Er besitzt zudem den Angaben zufolge den Eisenbahnbetreiber First Cargo sowie diverse Häfen und Reedereien. Auch für ihn ging es in dem Ranking steil bergab. Er fiel vom 59. auf den 87. Rang. „Forbes“ schätzte Lissins Vermögen zum 11. März 2022 auf 18,4 Mrd. Dollar (Vorjahr: 26,2 Mrd. Dollar). Einen Monat später hatte es wieder die Marke von 24,0 Mrd. Dollar erreicht.