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Milliardenverluste Müssen die Steuerzahler für Verluste bei der Bundesbank aufkommen?

Hauptverwaltung der Bundesbank in Frankfurt am Main
Hauptverwaltung der Bundesbank in Frankfurt am Main
© IMAGO/Jan Huebner
Die Bundesbank muss erhebliche Verluste aus den angekauften Anleihen verkraften. Der Rechnungshof hält daher eine Kapitalspritze für nötig – die Notenbank und das Finanzministerium sehen das anders.  

Der schnelle Anstieg der Leitzinsen wird offenbar auch für die Bundesbank zu einem immer größeren Problem. Nun hat der Bundesrechnungshof davor gewarnt, dass die Verluste der Bundesbank in den kommenden Jahren so groß werden könnten, dass der Steuerzahler hierfür einspringen muss. Zuerst berichtete die „Financial Times“ darüber unter Berufung auf ein internes Dokument. 

Hintergrund sind Verluste aus dem Anleihenkaufprogramm der Europäischen Zentralbank. Der Verlust entsteht dabei aus der Zinsdifferenz zwischen alten Anleihen und der Einlagefazilität – also dem, was die Notenbank den Geschäftsbanken auf ihre Einlagen zahlt. Während die alten Anleihen in den Büchern teilweise negative Renditen abwerfen, zahlt die Notenbank auf Einlagen der Banken inzwischen 3,5 Prozent Zinsen. Bereits im März hatte die Bundesbank deshalb erklärt, dass sie Verluste im Wert von 1 Mrd. Euro erlitten habe – und dass es in den kommenden Jahren noch mehr werden dürften. Womöglich könnten die Fehlbeträge nicht vollständig durch die bereits gebildeten Rückstellungen abgedeckt werden. Sie beliefen sich zu diesem Zeitpunkt auf 19,2 Mrd. Euro sowie rund 170 Mrd. Euro an Gold- und Devisenreserven. 

Die Bundesbank erklärte damals, dass sie etwaige weitere Verluste mit künftigen Gewinnen verrechnen könne. Eine ähnliche Praxis gab es bereits in den 1970er-Jahren. Nach dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems fester Wechselkurse musste die Bundesbank jahrelang hohe Abschreibungen auf ihre Währungsreserven vornehmen. Zwischen 1971 und 1979 schrieb die Bundesbank siebenmal Verluste. Auch damals wurden diese vorgetragen und später durch Gewinne ausgeglichen. 

Argumentationen gehen auseinander

Der Bundesrechnungshof ist nun aber der Ansicht, dass solche Fehlbeträge möglicherweise nicht tragbar seien – und der Bund entsprechend planen sollte. Die Risiken „könnten den Bundeshaushalt im Schadensfall erheblich belasten, im Extremfall könnten sie die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestags gefährden“, heißt es in dem zitierten Papier.  

Demnach sei nicht sicher, dass „die Bundesbank die Verluste in jedem Fall eigenständig tragen könnte“, wie es im Bericht heißt. „Denn nicht nur der Extremfall des Austritts eines großen Mitgliedstaats aus der Währungsunion könnte bei der Bundesbank zu negativem Eigenkapital führen. Sondern auch die laufenden geldpolitischen Aktivitäten bergen angesichts ihrer Größenordnung das Risiko negativen Eigenkapitals bei der Bundesbank.“ 

Der Bericht des Rechnungshofs nimmt das Programm der EZB zum Ankauf von Staatsanleihen ins Visier, das 2015 aufgelegt wurde und bei dem die EZB Staatsanleihen im Wert von 2,7 Billionen Euro kaufte. Die Bundesbank kaufte im Rahmen dieses Programms deutsche Staatsanleihen im Wert von 666 Mrd. Euro, stellte den Kauf weiterer Anleihen aber im vergangenen Jahr ein. 

Der Umfang der Käufe in Verbindung mit den Niedrigzinsen der EZB hat den Preis der Anleihen in die Höhe getrieben, so dass viele von ihnen negative Zinsen abwerfen. Das bedeutet, dass die Bundesbank nun durch die wachsende Lücke zwischen den Zinsen, die sie den Geschäftsbanken für ihre Einlagen zahlt, aktuell 3,5 Prozent, und dem, was sie an den Anleihen verdient, teilweise negativ, unter Druck gerät. 

In einer Erklärung teilte das deutsche Finanzministerium mit, dass es die Risiken für den Haushalt, die sich aus dem Vorgehen der Bundesbank ergeben, „anders bewertet“ als der Bundesrechnungshof. Das von Finanzminister Christian Lindner geleitete Ministerium erklärte auf „FT“-Anfrage, es halte Verluste aus den geldpolitischen Operationen der Bundesbank, die den Bundeshaushalt belasten, für „höchst unwahrscheinlich. 

Die Bundesbank bestätigte auf Anfrage ihre Argumentation aus dem März. Die Bundesbankbilanz werde durch den zügigen und starken Anstieg der Zinsen in Verbindung mit den großen Anleihebeständen tatsächlich erheblich belastet. 2023 würden die finanziellen Puffer wahrscheinlich noch ausreichen. Danach könnten die Belastungen die Puffer tatsächlich vorübergehend übersteigen. 

Die Annahme, dass dann eine Rekapitalisierung durch den Bund nötig wäre, wies die Bundesbank allerdings zurück. Sie bleibe bei ihrer Auffassung, dass die Verluste durch spätere Gewinne ausgeglichen werden könne. 

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