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China Alibaba: Warum sechs „Baby-Babas“ wertvoller sind als eins

Alibaba ist ein chinesisches Konglomerat, das vor allem auf E-Commerce spezialisiert ist – ähnlich wie US-Konkurrent Amazon, nur deutlich breiter in der Auswahl
Alibaba ist ein chinesisches Konglomerat, das vor allem auf E-Commerce spezialisiert ist – ähnlich wie US-Konkurrent Amazon, nur deutlich breiter in der Auswahl
© IMAGO / VCG
Das chinesische Konglomerat Alibaba spaltet sich in sechs Bereiche auf. Analysten sind begeistert – und hoffen auf ein Ende des zweijährigen Ausverkaufs

Wer Amazon für breit aufgestellt hält, der sollte einmal im Shop von Alibaba vorbeischauen: Hier gibt es wirklich alles – vom gebrauchten Geldautomaten über Foodtrucks bis hin zu Babynahrung und Kontakten in chinesische Fabriken. Gesteuert wird das ganze durch zahlreiche Hintergrundprozesse: Künstliche Intelligenz, Logistik oder auch Vermarktung. Wie viele Geschäftsbereiche Alibaba tatsächlich hat, ist gar nicht so eindeutig. Doch geht es nach Alibaba selbst, gibt es genau sechs. In so viele Einzelteile will sich das chinesische Unternehmen nämlich nun selbst aufspalten. 

Die Nachricht überraschte am Dienstag die Märkte weltweit. An der Wall Street kletterte die Alibaba-Aktie zeitweise um fast 15 Prozent; die Hoffnung, dass der fast zweijährige Abverkauf der Papiere nun enden könnte, wurde geweckt. Investoren hatten immer wieder gefordert, dass Alibaba einzelne Unternehmensteile abspalten und an die Börse bringen sollte. Dass es nun aber gleich sechs werden sollen, hat selbst die größten Optimisten überrascht. „Wir glauben, dass die Reorganisation dazu führt, schneller auf Marktveränderungen zu reagieren und die Entscheidungsfindung zu verbessern“, erklärte beispielsweise das Analysehaus Jefferies. Insgesamt sei die Summe der neuen Einzelteile mehr wert als das alte Alibaba-Konglomerat. Bloomberg berichtete gar von der neuen Macht der „Baby-Babas“. 

Jeder Teil strebt IPO an

Das chinesische Unternehmen hat dabei sechs Wachstumsbereiche identifiziert: Cloud, Media, Logistik, lokaler Einzelhandel, E-Commerce und Digitales. Jeder dieser Teilbereiche bekomme einen eigenen CEO, soll selbstständig Fremdkapital aufnehmen dürfen und einen Börsengang anstreben. So verkündete es CEO Daniel Zhang am Mittwoch. 

Inwiefern die Entscheidung allerdings freiwillig getroffen wurde, darf hinterfragt werden. In den vergangenen beiden Jahren hat Alibaba rund 500 Mrd. Dollar Börsenwert verloren und ist jetzt nur noch 250 Mrd. Dollar wert. Das Unternehmen stand von mehreren Seiten unter Druck: zum einen durch die starke Konkurrenz in den USA mit Amazon und in China mit JD.com, zum anderen durch Aufsichtsbehörden, die Alibaba marktschädigendes Verhalten vorwerfen und deswegen bereits zu milliardenschweren Zahlungen verurteilten.  

Krimi um Grüner Jack Ma

Gerade die politische Komponente ist bei Alibaba von großer Bedeutung: Denn nachdem sich Gründer Jack Ma im November 2020 kritisch zur Regulierung im Land äußerte, ging es für Alibaba nur noch abwärts. Zunächst stoppte der chinesische Präsident Xi Jinping den IPO von Alibabas Fintech-Tochter Ant Financial und löste damit den Abverkauf von Alibaba-Aktien aus. Gleichzeitig begann Xis Regierung damit, den größten Konkurrenten JD.com stark zu subventionieren – zum Beispiel, um Preiskriege zu gewinnen. 

Jack Ma zog sich daraufhin weitestgehend aus der Öffentlichkeit zurück, er soll die meiste Zeit in Japan, Israel und den USA verbracht haben. Im Januar 2023 soll er auch die Kontrolle über die Ant Group abgegeben haben. Trotzdem hat die jüngste Kursrallye auch mit ihm zu tun – denn Ma tauchte am Dienstag überraschend wieder in China auf, er soll in einer von ihm gegründeten Schule über Künstliche Intelligenz gesprochen haben. Dass Alibaba dann einen Tag später seine neue Strategie bekannt gab, bewerteten Analysten als Zeichen der Entspannung mit der chinesischen Regierung. Diese habe ihrerseits ein Interesse, als verlässlicher Partner für Privatinvestoren zu erscheinen, und zeige dies am Beispiel Alibaba. 

Geringeres Risiko durch Aufspaltung

In gewisser Art folgt Alibaba nun sogar seinem staatlich protegierten Konkurrenten JD.com, das einzelne Unternehmensteile schon länger ausgegliedert hat, und einige davon bereits erfolgreich an der Hongkonger Börse platziert hat. Auch der noch größere Rivale Tencent fährt eine ähnliche Strategie. Das Ziel der Unternehmen ist es auch, die regulatorischen Risiken abzuschwächen, in dem nicht alles auf die Karte China gesetzt wird. 

Dass Alibaba ebenfalls dieses Ziel verfolgt, ist angesichts der Historie offensichtlich. Und gegenüber der „Financial Times“ äußerte sich ein Manager, dass die sechs Alibaba-Teilbereiche deshalb schon länger für sich selbst arbeiteten, um einen schnellen IPO stemmen zu können. „Das Statement der Geschäftsführung hat intern niemanden überrascht“, sagte der Manager. 

Analysten waren dennoch vom Umfang überrascht, zeigten sich aber positiv. Goldman Sachs schätzt beispielsweise, dass die Summe der Einzelteile einem aktuellen Aktienpreis von etwa 137 US-Dollar entspräche, und damit deutlich über dem Stand von 86 Dollar am Montagabend. Vor allem das E-Commerce-Geschäft sei besonders werthaltig. Ähnlich sahen es auch Barclays oder die Bank of America. 

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