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Management Gute Stimmung im Team steckt Chefs an

Positives Engagement von Mitarbeitern macht auch die Vorgesetzten glücklicher. Von Bernd Slaghuis
Management: Gute Stimmung im Team steckt Chefs an

Bernd Slaghuisist Karriere- und Business-Coach in Köln. Er hat sich auf Karriereplanung und Neuorientierung sowie das Coaching von Führungskräften aus dem mittleren Management spezialisiert. Er schreibt im Karriere-Blog Perspektivwechsel über seine ganz eigenen Sichtweisen auf Karriere, Bewerbung und Führung.

Wer als Vorgesetzter schon morgens miesepetrig das Büro betritt und seinen Mitarbeitern damit eindeutig signalisiert „Lasst mich in Ruhe!“, der darf sich nicht wundern, wenn auch im Team dicke Luft herrscht. Das Gegenteil: Gut gelaunte Chefs lassen Mitarbeiter entspannter arbeiten. Führungskräfte sind Vorbild – positiv wie negativ. Ja, es wird keinen Manager überraschen, dass die eigene Denk- und Verhaltensweise unmittelbaren Einfluss auf das Team hat. Doch wie sieht es eigentlich in der entgegengesetzten Richtung aus? Hat die Stimmung im Team ebenso Einfluss auf die Motivation und das Wohlbefinden der Führungskraft? Eine Studie kommt jetzt zu interessanten Ergebnissen, wie sich die Arbeitsmotivation vom Team auf die Führungskraft überträgt. Ein internationales Forscherteam von Universitäten aus Deutschland und Schweden hat durch Befragung von Führungskräften und ihren Mitarbeiter über einen Zeitraum von acht Monaten wissenschaftlich nachgewiesen, in welcher Form sich positive und auch negative psychische Zustände von Arbeitsteams auf ihre Führungskräfte auswirken. Mitarbeiter und Vorgesetzte wurden hierfür zu verschiedenen Zeitpunkten zum Ausmaß ihrer emotionalen Erschöpfung (negativer Zustand) sowie zu ihrem Arbeitsengagement (positiver Zustand) befragt. Die Führungskräfte sollten zusätzlich angeben, wie hoch sie ihr Selbstwirksamkeitserleben einstufen, also die Fähigkeit, eigene Stimmungen und auch die anderer Personen verstehen und beeinflussen zu können.

Führung ist sozialer Interaktionsprozess


Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass ein positiver Zusammenhang zwischen dem Arbeitsengagement der Teams und dem ihrer Führungskräfte acht Monate später bestand. Gute Stimmung im Team ist ansteckend für Führungskräfte. Negative Stimmungen von Mitarbeitern wurden hingegen weniger eindeutig übertragen. Hier haben die Forscher erkannt, dass dies vor allem vom Grad des Selbstwirksamkeitserlebens der Führungskräfte abhing. Besonders empathische Vorgesetzte wurden durch emotional erschöpfte Mitarbeiter ihres Teams ebenfalls negativ beeinflusst. Dass vor allem die positiven Stimmungen zwischen Mitarbeitern und ihrer Führungskraft übertragen werden, mag daran liegen, dass Angestellten die Sichtbarkeit ihrer Erfolge wichtiger ist als die Spiegelung negativer Erlebnisse, die meist zunächst innerhalb des Teams wirken und nicht bis hoch zum Vorgesetzten durchdringen. Die Studie belegt, was eigentlich naheliegend ist, doch im Führungsalltag manchem Chef heute nicht mehr bewusst zu sein scheint: Führung ist keine Einbahnstraße, sondern ein sozialer Interaktionsprozess von Mitgliedern innerhalb eines Systems. Viele Führungskräfte fühlen sich heute überfordert, besonders solche in der Sandwich-Position. Sie suchen nach neuen Führungstechniken und werden auch fündig - von agil über demokratisch bis hin zu holokratisch. Auch wenn diese Ansätze für die neuen Formen der Zusammenarbeit, die Megatrends rund um Industrialisierung und Digitalisierung sowie die Anforderungen insbesondere junger Generationen an Führung vielversprechend sind, geht es doch überall dort, wo noch Menschen mit Menschen arbeiten, vor allem um das wirkungsvolle Management von Beziehungen. Doch genau hierfür fehlt es vielen Chefs heute an Zeit. Sie hetzen von Meeting zu Meeting, pushen einsilbig zwischendurch Arbeitsaufträge ins Team und geben im Feierabend per Mail Feedback zu Ergebnissen oder Fragen ihrer Mitarbeiter. Die Beziehung zwischen Vorgesetzten und ihren Mitarbeitern bröckelt, der Graben zwischen ihnen wird zunehmend größer. Das, was manchem Angestellten heute als großer Handlungsspielraum und Vertrauen statt Kontrolle vorkommt, ist tatsächlich das Resultat einer unkontrolliert gewachsenen Distanz zwischen Führenden und Geführten. Eine Entwicklung, die beiden Seiten in Zukunft nicht gut tun wird.

Investition in Führung verspricht hohe Zinsen


Wer als Führungskraft Zeit in die eigenen Mitarbeiter investiert, sie motiviert und für eine gute Arbeitsatmosphäre im Team sorgt, wird doppelt belohnt werden: Nicht nur mit einem guten Arbeitsergebnis, sondern auch mit einem positiven Effekt auf die eigene Arbeitsmotivation und das persönliche Wohlbefinden, so die Erkenntnisse der Studie. Wer seinen Mitarbeitern Gutes tut, beschenkt auch sich selbst. Das Bewusstsein als Führungskraft, was jedem einzelnen Mitarbeiter wichtig ist und was sie als Team benötigen, um gut zusammenzuarbeiten, das ist der Schlüssel für positives Arbeitsengagement im Team. Gute und gesunde Führung kostet Zeit. Chefs müssen raus aus dem Tagesgeschäft, um ihren Mitarbeitern wieder mit echtem Interesse zu begegnen und um sich selbst auch mehr Freiraum für strategische Fragen der Personal- und Teamentwicklung zu schaffen. Wem es als Führungskraft gelingt, das eigene Bewusstsein zu schärfen, um Führung wieder stärker als sozialen Interaktionsprozess zu begreifen, der wird nicht nur den Anforderungen einer Arbeitswelt von morgen besser gewachsen sein, sondern auch am eigenen Leib die positiven Effekte gesunder und glücklicher Mitarbeiter spüren.

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