Der Ukraine-Krieg verringert das Vermögen der reichsten Europäer – aber nicht nur er. „Forbes“ schätzte das gesamte Vermögen der Superreichen des Kontinents zum Stichtag 11. März 2022 auf 2,8 Billionen Dollar. Das waren in etwa 200 Mrd. Dollar weniger als bei der Bestmarke des Vorjahres. Faktor Nummer eins – zumindest auf dem Papier – war der Krieg in der Ukraine. „Forbes“ zählt Russland zu Europa und attestierte allein den Dollar-Milliardären des Aggressors einen Absturz von 583 auf 263 Mrd. Dollar. Gründe waren unter anderem der schwache Rubel und die Abwertung russischer Unternehmen.
Reichste Europäer 2022
Aber auch Superreiche im Westen Europas blieben 2022 unter ihrem Vorjahresergebnis. Allerdings hatten viele von ihnen im Ranking 2021 nach dem ersten Corona-Schock massive Zuwächse verzeichnet. Teilweise verdoppelten sich die geschätzten Vermögenswerte sogar. Diese Entwicklung konnten die meisten 2022 nicht nahtlos fortsetzen. Es gab aber auch eindeutige Gewinner unter den reichsten Menschen Europas. Unter ihnen waren ein Schiffsmagnat aus Frankreich sowie ein Hamburger Logistik-Tycoon.
Dies sind laut „Forbes“ aktuell die reichsten Europäer

Viele der europäischen Superreichen stehen im „Forbes“-Ranking 2022 schlechter dar als im Vorjahr. Zu ihnen gehören die Chanel-Chefs Alain (73) und Gerard Wertheimer (71). Das Wirtschaftsmagazin schätzte das Vermögen der Brüder auf jeweils 31,2 Mrd. Dollar. Das waren 3,3 Mrd. Dollar weniger als 2021. Allerdings hatte die Analysten den Lenkern der führenden Luxusmarke damals auch eine Verdoppelung ihres Reichtums attestiert. Die Gebrüder Wertheimer fielen im internationalen Ranking vom 41. auf den 43. Platz und verschlechterten sich auf der Liste der reichsten Europäer ebenfalls um zwei Plätze.

Für Giovanni Ferrero blieb es 2022 im Ranking für Europa bei Platz neun. Im weltweiten Vergleich konnte sich der Vorstandsvorsitzende des italienischen Süßwarenherstellers Ferrero mit 36,1 Milliarden Dollar (2021: 35,1 Mrd. Dollar) um vier Plätze auf Rang 36 verbessern.

„Forbes“ läutete 2022 für Deutschland womöglich eine neue Ära ein. Die Aldi-Erben Beate Heister und Karl Albrecht junior fielen mit ihrem kombinierten Vermögen von nur noch 36,8 Mrd. Dollar (Vorjahr: 39,2 Mrd. Dollar) im bundesweiten Vergleich vom ersten auf den dritten Platz. Das hatte auch Auswirkungen auf das Abschneiden unter dem europäischen Geldadel. Auf dieser Liste ging es hinab vom fünften auf den achten Platz.

Die Aldi-Erben wurden auch in Europa vom deutschen Aufsteiger im „Forbes“-Ranking überrundet. Klaus-Michael Kühne stieß 2022 in die Top 10 der reichsten Deutschen vor und belegte dort gleich Platz zwei. Der gebürtige Hamburger ist Mehrheitsaktionär des internationalen Logistikdienstleisters Kühne + Nagel. Sein Vermögen erhöhte sich den Angaben zufolge binnen eines Jahres von 26,3 auf 37,3 Mrd. Dollar. Der zum Stichtag 84-jährige Unternehmer stieg im internationalen Ranking vom 58. auf den 33. Platz und belegte in Europa Rang sieben. Kühne trug zudem maßgeblich dazu bei, dass das kombinierte Vermögen der europäischen Top 10 um 398 auf 590 Mrd. Dollar stieg. Er ist übrigens im „Forbes“-Ranking der einzige deutsche Dollar-Milliardär der Logistikbranche.

François Pinault konnte wie die Chanel-Chefs 2022 nicht mit dem eigenen massiven Wachstum des Vorjahres Schritt halten. „Forbes“ hatte den Gründer des Luxuskonzerns Kering (Gucci, Saint Laurent, Alexander McQueen, Stella McCartney) 2021 von 27,0 auf 42,3 Mrd. Dollar hochgestuft. Zum Stichtag 11. März 2022 ging es leicht herunter auf 40,4 Mrd. Dollar. Kering wird mittlerweile von Pinaults Sohn François-Henri geleitet.

Rodolphe Saadé ist der Überflieger unter den Superreichen Europas. Er schoss im „Forbes“-Ranking von 10,9 auf 41,4 Mrd. Dollar nach oben. Das bedeutete im Gesamt-Ranking den steilen Aufstieg von Platz 203 auf Rang 31. Der zur Veröffentlichung des Rankings 52-Jährige ist seit 2017 CEO des Schifffahrts- und Logistikunternehmens CMA CGM. Seit dem Tod seines Vaters und Firmengründers Jacques kontrolliert Saadé laut „Forbes“ das Unternehmen, das zu den Branchenführern weltweit gehört, mit seinen Geschwistern und seiner Mutter.

„Forbes“ kürte Dieter Schwarz 2022 zum neuen reichsten Deutschen. Der Eigentümer der Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) stieg demnach von 36,9 auf 47,1 Mrd. Dollar. Schwarz verbesserte sich im globalen Vergleich um zehn Plätze auf Rang 28 und kletterte in Europa vom sechsten auf den vierten Rang. Deutschland kam damit einen Platz höher als mit den Aldi-Erben im Vorjahr.

Amancio Ortega hatte sein Vermögen laut „Forbes“ 2021 von 55,1 auf 77,0 Mrd. Dollar gesteigert. 2022 fiel er auf 59,6 Mrd. Dollar, blieb damit aber über dem Niveau von vor zwei Jahren. Dennoch wurde der Mehrheitseigner des spanischen Textilkonzerns Inditex (Zara, Massimo Dutti) im Gesamt-Ranking vom elften auf den 23. Platz herabgestuft. In Europa fiel der 86-Jährige vom zweiten auf den dritten Rang.

Die reichste Frau der Welt muss sich in Europa nur noch einem Landsmann unterordnen. Die L'Oréal-Erbin Françoise Bettencourt Meyers schob sich im Europa-Ranking vom dritten auf den zweiten Platz empor. Ihr Vermögen stieg laut „Forbes“ von 73,6 auf 74,8 Mrd. Dollar. Im Gesamt-Ranking rutschte die 68-Jährige mit diesem leichten Wachstum hingegen vom zwölften auf den 14. Platz. Bettencourt Meyers hat ihr Vermögen von ihrer 2017 gestorbenen Mutter Liliane geerbt, der Tochter des Gründers des Weltmarktführers im Kosmetikbereich, Eugène Schueller.

Bernard Arnault war 2022 der einzige Europäer in den Top 13 von „Forbes“. Der Chef des Luxusgüterkonzerns LVMH belegte mit 158,0 Mrd. Dollar Platz drei hinter Elon Musk und Jeff Bezos. Die Analysten attestierten ihm im Vergleich zum Vorjahr ein kleines Plus von 8 Mrd. Dollar. Von 2020 auf 2021 hatte sich Arnaults Vermögen laut dem Ranking noch verdoppelt. Er war weiterhin in etwa doppelt so reich wie die die Nummer zwei in Europa. „Forbes“ berücksichtigt bei seiner Untersuchung keine Mitglieder von Königshäusern. Der Grund: die unklaren Vermögensverhältnisse.