Teamarbeit 7 Strategien gegen Leistungsverweigerer

Symbolbild Arbeit im Team
Symbolbild Arbeit im Team
© dpa
Manager könnten sehr viel erfolgreicher sein, wenn alle im Team vollen Einsatz zeigen würden. Die Realität sieht anders aus. Evi Hartmann erklärt, was man gegen Leistungsvermeider tun kann

Angesichts des anhaltenden Wirtschaftsbooms wird wohl kaum jemand bestreiten, dass in der deutschen Wirtschaft derzeit mächtig was geleistet wird. Die Frage ist bloß: Wer leistet da?

Ein großes Unternehmen startet ein internationales Projekt. Der Projektleiter hängt sich voll rein, doch schon nach wenigen Wochen laufen Arbeitspakete verspätet ein und werden Zusagen nicht eingehalten. Das liegt weder an Technik noch an Budget oder Headcount, sondern an einem markanten Leistungsgefälle: Nicht alle Teammitglieder sind voll bei der Sache.

Da ist zum Beispiel der IT-Experte, der regelmäßig zu spät oder abweichend von seinen Zusagen abliefert, meist mit dem Hinweis: „Mehr geht leider nicht, bin total überlastet.“ Ein Blick in seinen Kalender bestätigt das. Bei näherem Hinsehen entlarvt sich seine Überlastung jedoch als Pseudo-Geschäftigkeit: ausgedehnte Business-Lunches, weitreisende Kundenbesuche ohne absehbare Akquise-Perspektive, zeitraubende Lieferanten-Besprechungen ohne jegliche Beschaffungskompetenz. „Der Kollege ist ein begnadeter Abseiler“, sagt eine Kollegin. Grund ihrer harten Wortwahl: Was der Kollege an Arbeit liegen lässt, muss sie nacharbeiten. Doch damit nicht genug.

Typisch Leistungsvermeider

Wenn die Kollegin jene Aufgaben erledigt, die sie gnadenhalber übernommen hat, ist der säumige Kollege der erste, der es besser weiß, kritisiert, mäkelt: Auf der einen Seite vermeidet er Arbeit, auf der anderen erhebt er sich mit Kritik und Besserwisserei über jene, die seine Versäumnisse ausbügeln. Das ist typisch Leistungsvermeider: posen statt performen. Weil er nicht der einzige im Team ist, leidet das Projekt (und die KollegInnen). Alle im Team wissen das. Weil die Pappenheimer bekannt sind. Wie wird man sie los?

Tipp 1: Nulltoleranz

An Teams, Abteilungen und Unternehmen mit geringer Vermeider-Fraktion fällt die Nulltoleranz auf: Führungskräfte und „normale“ Teammitglieder lassen keinen Abseil-Akt durchgehen. Keiner drückt ein Auge zu oder schweigt resigniert. Wer sich drückt, wird verlässlich darauf angesprochen.

Tipp 2: Leistungskultur

Umgekehrt werden in leistungsstarken Teams herausragende Leistungen, Ideen und Konzepte, die Extra Mile, die Sonderanstrengung ausnahmslos und explizit anerkannt.

Tipp 3: Statusbefriedigung

Leistungsvermeider sind nicht per se faul. Sie haben lediglich kaum Zeit, ihr Leistungspotenzial auszuschöpfen, weil sie andere Prioritäten verfolgen: Anerkennung, Aufmerksamkeit, Profilierung. Je regelmäßiger Führungskräfte und KollegInnen sie damit (über)versorgen, desto eher leisten Vermeider das, was sie zu leisten im Stande sind.

Tipp 4: Angstprophylaxe

Viele vermeiden Leistung, weil sie (unterbewusst) Angst vor Versagen oder Statusverlust haben. Bei brisanten Themen wie digitaler Transformation oder Industrie 4.0 ist das verständlich. Wer mit entsprechender Fortbildung, Mentoring oder Coaching unterstützt wird, verliert die Angst und leistet (wieder).

Tipp 5: Konsequenzen

Vermeider vermeiden auch deshalb, weil und wenn sie damit ungestraft durchkommen. Weil es keine oder marginale Konsequenzen hat. Setzen Führungskräfte und KollegInnen Konsequenzen, geht Vermeidungsverhalten oft drastisch zurück.

Tipp 6: Spezifisches Recruiting

Sensibilisierte Personaler und Führungskräfte lassen sich nicht durch formelle Qualifikationen blenden. Sie achten bereits im ersten Bewerberinterview darauf, ob jemand vorrangig, oft oder intensiv nach Urlaubs- und Überstundenregelung, Sabbaticals oder Work-Life-Balance fragt. Natürlich sind diese Fragen allein genommen nicht konklusiv. Deshalb setzt die aufgeklärte Eignungsdiagnostik auf Szenarien wie zum Beispiel: „Ihr Team muss in fünf Tagen abgeben, hat aber noch Arbeit für acht Tage. Was tun Sie?“ Leistungsvermeider rufen oft nach mehr Zeit, Budget, Manpower, Spielraum. Echte Leistungsträger beeindrucken mit der Aktivierung von Effizienzreserven, der Extra Mile oder kreativen Ideen.

Tipp 7: High Performer Retention

Viele Leistungsträger verlassen irgendwann Team, Abteilung oder Unternehmen, weil sie es satt haben, von Leistungsvermeidern ausgenutzt, ausgebremst und auch noch kritisiert zu werden. Die besten Mittel gegen diesen Brain Drain ist die Missionierung der Leistungsvermeider auf der einen Seite und dem Vorleben einer Arbeitskultur auf der anderen Seite, in der Leistung nicht als selbstverständlich und mit dem Gehalt abgegolten hingenommen, sondern eine offene, feedback-intensive Leistungskultur (vor)gelebt wird.

Der System-Effekt

Praktisch in jedem Team, jeder Abteilung ärgern sich Leistungsträger über jene, die sich mitziehen lassen (nicht weil sie überlastet wären, sondern weil sie andere Interessen verfolgen). So verständlich dieser Ärger ist – er ändert nichts. Eine dramatische Steigerung der Leistungsfähigkeit von Teams, Abteilungen und Unternehmen lässt sich dagegen überall dort beobachten, wo mehrere Maßnahmen (wie zum Beispiel die sieben skizzierten), in einer konzertierten Aktion eine massive Wirkung entfalten, der sich kein Leistungsvermeider entziehen kann.

Prof. Dr.-Ing. Evi Hartmannist Inhaberin des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Supply Chain Management, an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

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