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Altersvorsorge Wer das Sparen fürs Alter aufschiebt, bereut es später

Rentner in Deutschland
Rentner in Deutschland
© Johannes Mink
Viele Menschen haben zwar Angst, dass das Geld später mal nicht reicht – aber sie tun trotzdem nichts für ihre Altersvorsorge. Und nur wenige rechnen genau nach. Nadine Oberhuber erklärt, warum man frühzeitig mit dem Sparen beginnen sollte

Viele von uns leben nach dem Prinzip des strukturellen Optimismus, so nennen Soziologen das. Nach der Devise: „Es ist noch immer gut gegangen.“ Und das ist eigentlich gar nicht so schlecht. Zumindest erweist es sich auf lange Sicht als recht gesund, weil wir uns dadurch nicht dauernd übergroße Sorgen machen oder uns fragen, was wohl morgen alles sein wird. Über manche Dinge sollte man aber doch mal nachdenken. Zum Beispiel über die Frage, ob wir schon genug fürs Alter vorsorgen. Klar, das ist eine lästige Frage und sie ist umso schwerer zu beantworten, weil niemand weiß, wie viel Geld er in 20 oder gar 30 Jahren haben wird und was diese Summe dann eigentlich mal wert sein wird. Jegliche Schätzung, die wir dazu heute vornehmen ist also nur eine vage Prognose. Dennoch sollten einige aktuelle Daten uns dazu animieren, solche Schätzungen trotz der Unsicherheit zu wagen.

Daten wie diese hier: Jeder Dritte von uns ist sich ziemlich sicher, dass seine gesetzliche Rente einmal nicht reichen wird, um den gewohnten Lebensstandard zu halten. Gleichzeitig bekennt sich aber die Mehrheit der Deutschen laut einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage dazu, trotzdem nichts dagegen zu unternehmen und Finanzdinge auf die lange Bank zu schieben. Es ist ihnen zwar mehrheitlich klar, dass das negative Konsequenzen haben wird, sagen die Befragten selbst. Aber das allein taugt offenbar noch nicht als Anreiz.

Nichtstun ist die schlechteste Option

Nun alarmiert auch die Aussage, dass viele Befragte angeben, ihnen fehle das nötige Geld zum Sparen. Das ist bei sehr vielen der Hauptgrund für die finanzielle Aufschieberitis. Aber fast jeder Zweite sagt auch, er könne sich „einfach nicht aufraffen“, mal mit dem Vorsorgen anzufangen. Immerhin 45 Prozent bejahen das. Knapp 40 Prozent antworten, „ich bezweifle, dass mir das etwas bringt“, und ebenso viele sagen, „es ist mir zu anstrengend“ über Geld nachzudenken.

Infografik: Altersvorsorge: Jeder Fünfte sorgt gar nicht vor | Statista

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Natürlich ist es nicht ganz leicht – aber so anstrengend nun auch wieder nicht, wenn man sich dabei dem Gedanken hingibt: Irgendetwas zu tun ist schon mal besser, als alles zu lassen. Und es muss ja nicht zwingend die optimalste aller Anlageformen sein, die man dazu wählt, zur Not tut es auch erst einmal ein regelmäßiger Banksparplan oder ein Abbuchungsauftrag, der monatlich 100 Euro oder mehr aufs Tagesgeldkonto schichtet. Maue Zinsen, aber besser als nichts. Und wer weiß, vielleicht steigen sie bald wieder.

Als Rentner kommt man mit weniger Geld aus

Womöglich desillusioniert die meisten auch schlicht die Zahl, die deutsche Universitäten beherzt in den Raum gestellt haben: Demnach beläuft sich die spätere Rentenlücke der Bundesbürger im Schnitt auf 800 bis 900 Euro. Jeden Monat wohlgemerkt. Diese Zahl nämlich klingt für viele so hoch, dass sie gar nicht erst versuchen, dagegen anzusparen. Weil sie denken, dass sie das ohnehin nicht aufholen. Wer das aber denkt, der hat es noch nicht richtig durchgerechnet.

Erstens denken die meisten, dass sie später einmal genauso viel Geld zur Verfügung haben müssen wie jetzt, um ihre monatlichen Ausgaben zu decken. Stimmt aber gar nicht. Schließlich fallen große Ausgabenposten in der Rente weg, die uns heute das Leben schwer und teuer machen: Viele Versicherungsbeiträge können wir uns dann sparen, Kreditraten fürs Haus sind dann – hoffentlich – nicht mehr fällig, die Kinder sind aus dem Haus und weite Arbeitswege, viel Sprit und teure Anzüge oder Kostüme braucht man auch nicht mehr einzukalkulieren. Deshalb reichen von dem, was heute an Nettoverdienst auf dem Konto landet, später einmal 70 Prozent. Das heißt: Wer heute gut 3000 Euro Monatsbrutto hat, (also etwa 2000 Euro Netto), der kommt später mit zirka 1500 Euro aus. So hoch ist auch tatsächlich das durchschnittliche Haushaltseinkommen, das Rentner hierzulande zur Verfügung haben, sagen Zahlen des Statistischen Bundesamts. Wer heute 4000 Euro verdient, sollte eher 2500 Euro anpeilen und Topverdiener eher 3000 Euro. Aber die sorgen sich vermutlich am wenigsten um ihr Geld im Alter. Das Ganze gilt erst einmal zu heutigen Preisen, die Inflation beziehen wir später mit ein.

Die wichtigste Frage ist nun: Was steht im Alter auf der Einnahmenseite? Die schlechte Nachricht zuerst: Allein durch die gesetzliche Rentenkasse werden es bei den wenigsten die 1500 Euro sein. Wenn alle Rentenniveauabsenkungen bis 2030 wie geplant in Kraft getreten sind, dann decken die gesetzlichen Altersbezüge eines deutschen Durchschnittsrentners nach 45 Beitragsjahren 44 Prozent seines letzten Nettos ab. Bei 2000 Euro netto sind es also knapp 900 Euro. Das klingt mau. Tatsächlich liegt die heutige Durchschnittsrente noch bei 1050 Euro pro Kopf, sagen die Zahlen des Statistischen Bundesamts. Auch, weil das Rentenniveau noch höher ist. In erster Linie heißt es, dass jeder künftige Rentner noch knapp 30 Prozent aus anderen Quellen beziehen muss, um auf die 70 Prozent seines letzten Nettoverdienstes zu kommen. Er braucht also noch 600 Euro.

Wo sollen die nun herkommen? Einerseits aus Betriebsrenten, Ansprüche daraus haben immerhin rund 20 Millionen Beschäftigte dieser Republik, das ist fast jeder zweite Mitarbeiter. Andererseits gibt es noch rund 90 Millionen private Lebens- und Rentenversicherungsverträge. Und mal unabhängig davon, wie lukrativ beide Sparformen sind: Wenigstens ein bisschen Geld werden sie monatlich abwerfen. Bei Betriebrenten können die Versicherten momentan im Schnitt von 200 Euro ausgehen, sagt die Statistik, bei Lebensversicherungsverträgen ist der Ausgang ungewiss, aber 100 oder 150 Euro dürften viele Policen vielleicht noch abwerfen. So gesehen wären im günstigsten Fall schon einmal 300 Euro monatlich gewonnen.

Die restlichen fehlenden 300 Euro ließen sich sogar ohne Sparen auf „ganz einfache“ Weise dazuverdienen, hat jetzt eine neue Studie der Ruhr-Universität Bochum errechnet: Indem die jüngeren Generationen nicht wie geplant mit 67 Jahren in Rente gehen, sondern noch drei Jahre länger machen. Arbeitet zum Beispiel eine heute 42-jährige Kauffrau bis 67, dann müsste sie sich darauf einstellen, dass ihr – wenn sie sonst nicht vorsorgt – bei der gesetzlichen Rente knapp 700 Euro fehlen, 687 um genau zu sein. Wenn sie aber drei Jahre länger arbeitet, sind es nur noch 310 Euro, also 377 Euro weniger. Denn für jedes Jahr länger im Job werden die späteren Rentner mit Pluspunkten bei der Rente belohnt. Drei Jahre länger im Beruf werfen also so gesehen eine ganz hübsche Zusatzrente ab.

Wie sich die Rentenlücke schließen lässt

Der Haken an der Sache ist natürlich die gefürchtete Inflation. Sie bewirkt, dass unser Geld in 20, 30 Jahren erheblich weniger wert sein wird, weswegen wir mehr zurücklegen müssen. Um das Sparen kommt man also anscheinend doch nicht drum herum. Wer dieselbe Kaufkraft behalten will, die jene angepeilten 1500 Euro Rente heute haben, muss in 30 Jahren schon geschätzt 2400 bis 2500 Euro monatlich auf dem Konto haben. Also tatsächlich 900 bis 1000 Euro mehr als jetzt. Jemand, der 2500 Euro als Rentenbudget anpeilt, braucht etwa 4200 Euro. Das klingt erschreckend. Zumal gleichzeitig die heutigen Minizinsen genau das ausbremsen, was bisher beim Langfristsparen irgendwann den Turbo zuschaltete: den Zinseszinseffekt. Es bedeutet, dass wir künftig noch viel mehr Geld zurücklegen müssen – und spätestens da geben noch einmal viele Jüngere auf. Da habe ich doch gar keine Chance, denken sie dann. Wieder falsch!

Es gibt sehr wohl eine Chance, das zu schaffen. Wie das gehen soll? Dazu folgende Rechnung: Wer die gefürchtete 900-Euro-Rentenlücke schließen will, braucht dazu bei Renteneintritt 10.800 Euro extra jährlich, also 216.000 Euro Kapital bei Rentenbeginn, wenn das Geld für 20 Jahre reichen soll, also bis zum 87. Lebensjahr. Das gilt aber nur, wenn man es in diesen 20 Jahren nicht verzinst, sondern einfach aufbraucht. Also quasi unters Kopfkissen legt und jeden Monat 900 Euro entnimmt. Wie spart man nun 216.000 Euro zusammen? Wer bereits mit 20 Jahren anfängt und das Geld auch bloß mit zwei Prozent Zinsen anlegt (mit etwas Geschick geht das zum Beispiel mit Staatsanleihen auch heute noch), muss 250 Euro monatlich zurücklegen. Das ist einiges, klar. Aber es lohnt sich, denn wer erst mit 30 beginnt, braucht schon 350 Euro und ein 40-jähriger Sparer müsste sogar schon 550 Euro zur Seite legen. Das dürfte für die meisten zu viel sein.

Sparen mit Indexfonds

Es geht aber noch einfacher: Indem man nicht mit Niedrigzinsanlagen spart, sondern auf den Aktienmarkt setzt, am besten Indexfonds. Die werfen auf lange Sicht zuverlässig sechs Prozent Rendite pro Jahr ab, das heißt: Ein 20-Jähriger muss nur noch 80 Euro im Monat zurücklegen, um zur Rente 216.000 Euro herauszubekommen. Das klingt doch schon mal gut machbar. Würde er dennoch 250 Euro im Monat aufbringen können, brächte er sogar satte 658.000 Euro zusammen. Der 30-Jährige käme mit 160 Euro hin und selbst der 40-Jährige schafft jetzt die 216.000 Euro noch mit einer Sparrate von nur 310 Euro. Das ist doch ein faires Angebot, oder?

Und nur mal angenommen, ein 30-Jähriger würde ein paar Euro mehr, nämlich 200 Euro monatlich in Fonds anlegen bis er 67 ist, er könnte dann auf 315.000 Euro Endkapital kommen. Damit hätte er bis zum 88. Lebensjahr jeden Monat 1300 Euro zusätzlich, selbst wenn das Geld ganz unverzinst herumliegt. Würde er es als Rentner dann sogar noch festverzinslich mit zwei Prozent Zinsen anlegen, dann könnte er sogar 1600 Euro monatlich verprassen. Macht selbst mit einer Durchschnittsrente von 1000 Euro ein monatliches Budget von 2600 Euro. Wenn das jetzt mal kein Grund für Optimismus ist und ein Grund dafür, endlich mit dem Sparen anzufangen!

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