Liquiditätsengpässe
ETFs haben auch den Handel von bislang schwer zugänglichen Anlageklassen erleichtert: Inzwischen gibt es Fonds auf Ramschanleihen, auf Gold, Immobilien oder auf einen Korb kleiner Minenaktien – und bald vermutlich auch Kryptowährungen. Der Markt hat sich teils verselbstständigt, weil die Fonds liquider sind als die enthaltenen Wertpapiere. Über die Folgen streiten die Experten: Optimisten argumentieren, der rege Handel von ETFs dämpfe auch bei illiquiden Anlagen mögliche Krisen. Pessimisten fürchten dagegen, im Krisenfall drohten nun noch stärkere Ausschläge. Generell gilt: Bei illiquiden Anlagen sollten Investoren vorsichtig sein. Bei einem Kursrutsch könnte die Liquidität rasch schwinden oder der Preis der ETFs deutlich vom fairen Wert der enthaltenen Wertpapiere abweichen. Diesen Mechanismus verhindert zwar eine „Sicherung“ im Börsenhandel. Schlimmstenfalls heißt aber ein Handelsverbot wegen zu großer Abweichung, dass gar nicht mehr gehandelt wird.
Marketingfallen
Vier Fünftel des globalen ETF-Markts sind in der Hand von nur fünf großen Anbietern. Da der Wettbewerb bei „Standardprodukten“ auf Aktien und Anleihen hart ist, versprechen neue Anbieter vor allem Innovationen. Dazu zählen etwa sogenannte Hebel-ETFs, die Indexentwicklungen mit mehrfachem Hebel abbilden, aber auch sogenannte Smart-Beta-ETFs, die Indexwerte anhand individueller Kriterien auswählen und gewichten. Es entstehen quasi täglich neue ETFs, die aber auch oft rasch wieder verschwinden. Greifen Sie im Zweifelsfall eher zu etablierten Fonds auf große Indizes und meiden Sie Neuauflagen. Viele exotische ETFs kosten inzwischen 0,7 Prozent Gesamtgebühren pro Jahr.
Blasenbildung
Die Zusammensetzung von Indizes wie Dax oder S&P 500 folgt der Regel: In den Index kommen die größten Titel, und je stärker die Kurse steigen, desto größer die Gewichtung. In den meisten Anleiheindizes gilt: Je mehr ausstehende Anleihen, also Schulden ein Land oder Unternehmen hat, desto höher sein Gewicht im Index. Damit verhalten sich die meisten ETFs automatisch prozyklisch, sie legen notorisch in jenen Titeln, Ländern und Sektoren an, die in der Vergangenheit gut abgeschnitten haben. Wer etwa aktuell einen ETF auf den globalen Aktienindex MSCI World kauft, investiert 60 von je 100 angelegten Euro in US-Aktien, aber nur 10 in Europa. So fördert der Boom der ETFs die Konzentration von immer mehr Geld in nur wenigen Titeln – für aktive Manager kann dies durchaus eine Chance sein.
Anleiheblase
Ignorieren Sie bei Anleihe-ETFs historische Renditen. Die viele Jahre fallenden Zinsen haben Anleihen fantastische Gewinne beschert: Anleihen mit hohen Kupons kletterten beständig im Wert. Vor allem in der Eurozone mehren sich jedoch die Zeichen für eine sanfte Zinswende, Zugewinne von fünf Prozent und mehr pro Jahr sind nicht länger möglich. Viele Anleihe-ETFs werden vielmehr Schwierigkeiten haben, in den kommenden Jahren überhaupt noch eine positive Rendite zu erzielen.
Selbstüberschätzung
Seit Ausbruch der Finanzkrise ist eine Dekade um, und die Aktienmärkte klettern mit kleineren Unterbrechungen seit fast neun Jahren. Viele seitdem über ETFs neu in den Aktienmarkt eingestiegene Privatanleger haben daher sehr gute Erfahrungen mit dem Vehikel ETF gemacht. Ein echter Test der eigenen Disziplin und auch der Funktionsweise der ETFs wird aber erst die nächste Krise bringen, entweder des Gesamtmarkts, der ETF-Anbieter – oder schlimmstenfalls beider. Kluge Anleger sollten sich daher eine Strategie zurechtlegen, wie sie mit ihren Anlagen bei hohen Kursverlusten umgehen wollen, um im Krisenfall nicht panisch zu reagieren.