Wenn es um das Thema passives Einkommen geht, ist häufig auch vom Peer-to-Peer-Lending (P2P-Lending) die Rede. Das sind Kredite von Privatpersonen an Privatpersonen – ohne, dass eine Bank dazwischengeschaltet ist. Schuldner, die bei einer klassischen Hausbank vielleicht Schwierigkeiten bei der Kreditaufnahme hätten, kommen auf diesem Wege einfacher an die benötigte Finanzierung. Gläubiger kassieren im Gegenzug für das höhere Risiko höhere Zinsen. Mehrere P2P-Anbieter werben derzeit mit einem rekordverdächtigen Durchschnittszins von 12 Prozent auf ihrer Website. Ein Investment sollte dennoch maximal einen kleinen Teil im Portfolio ausmachen, da es gleich aus mehreren Gründen besonders riskant ist.
Im Vergleich zum Aktienhandel, wo jährlich Hunderte Billionen Euro umgesetzt werden, ist der Markt für P2P-Kredite äußerst klein. Der deutsche P2P-Markt kommt auf ein jährliches Transaktionsvolumen von gerade einmal 0,7 Mrd. Euro, ermittelte das Datenportal Statista. Weltweit sind es immerhin rund 31 Mrd. Euro, wobei die USA mit 15 Milliarden den größten Anteil ausmacht.
Plattformen prüfen die Bonität
Das Geschäft läuft meist nach dem gleichen Muster: Die P2P-Plattformen prüfen zunächst die Bonität der Schuldner, indem sie beispielsweise Schufa-Einträge, Einkommensnachweise und – falls der Gläubiger bereits einen Kredit bei ihnen aufgenommen hat – die Kredithistorie prüfen. Bei größeren Kreditsummen können sie zusätzliche Sicherheiten fordern, die bei einer verspäteten Zurückzahlung eingesetzt werden. Anschließend bewerten die P2P-Plattformen die Bonität der Schuldner auf einer individuellen Skala.
P2P-Investoren können entweder manuell oder automatisiert investieren. Bei der manuellen Strategie suchen Investoren sich die Schuldverschreibungen selbst aus. Sie können auf den Webseiten der allermeisten Anbieter beispielsweise nach Zinssatz, Laufzeit, Rating und Herkunftsland filtern und sortieren. An ihr eingesetztes Kapital plus Rendite kommen sie dann, wenn der Kredit ausläuft und der Schuldner zahlt oder sie die Forderung erfolgreich weiterverkaufen. Dafür müssen die privaten Kreditgeber aber erst einmal einen zahlungswilligen Käufer finden.
Alternativ dazu lässt sich automatisiert in P2P-Kredite investieren. Dabei diversifiziert die P2P-Plattform das eingesetzte Kapital auf mehrere Kredite, meist aus einer bestimmten Bonitätsklasse, die zur eigenen Risikoaffinität passt. Das hat zwei Vorteile: Zum einen sinkt das Ausfallrisiko. Und dadurch, dass es sich um viele kleine Forderungsanteile handelt, lassen sich die Schuldverschreibungen einfacher weiterverkaufen.
Investoren werden zu Gläubigern
Bei P2P-Krediten werden Investoren zu Gläubigern. Das heißt: Sollte ein Schuldner seine Zahlungen nicht leisten, bleiben sie im schlimmsten Fall auf dem Geld sitzen. Zwar übernehmen die meisten Plattformen das Geldeintreiben, mahnen also bei verspäteter Zahlung oder leiten ein Vollstreckungsverfahren ein. Bringt aber all das nichts und der Schuldner ist insolvent, bedeutet das für den Investor einen Totalverlust. Und das ist nicht gerade selten der Fall: Schließlich wenden sich vor allem solche Kreditnehmer an P2P-Plattformen, die über herkömmliche Finanzierungsstellen keinen Erfolg hatten. Bei Bondora, einem der größten P2P-Anbieter aus Estland, sind knapp zehn Prozent der aktuellen Kredite überzogen, zeigt eine Statistik des Unternehmens. Weitere drei Prozent sind schon abgeschrieben.
Abgesehen davon arbeiten die Plattformen nicht mit einheitlichen Verfahren zur Bonitätsüberprüfung der Schuldner. Es ist nicht garantiert, dass die Fintechs mit ausreichend oder gar korrekten Informationen arbeiten und dadurch ein fundiertes Urteil fällen können. Hinzu kommt: P2P-Plattformen sind keine Banken. Für P2P-Kredite gilt nicht die gesetzliche Einlagensicherung, die etwa Bankguthaben im Falle einer Anbieterpleite abdeckt. Das heißt ganz konkret: Ist eine Plattform pleite, kommt der Staat nicht für potenzielle Verluste auf.
Intransparentes Geschäftsmodell
Einigen Plattformen wie Mintos oder Peerberry geben das Geld der privaten Kreditgeber nicht direkt an den Endkreditnehmer weiter. Stattdessen verleihen sie es an Kreditinstitute, die damit arbeiten und es wiederum selbst verleihen. Die Forderung des P2P-Gläubiegers besteht also nicht – wie es das Geschäftsmodell eigentlich suggeriert – gegenüber dem Endkreditnehmer, sondern Kreditunternehmen. Diese komplexe Konstruktion birgt allerdings einen Vorteil für Investoren: Rückkaufgarantien. Sollte sich die Zahlung eines P2P-Kreditnehmers verzögern, springt das Kreditunternehmen ein und kauft dem Investor das Darlehen ab. Das funktioniert natürlich nur solange das zwischengeschaltete Kreditinstitut solvent genug ist.