Gold legte im zweiten Quartal eine relativ stabile Performance an den Tag: Zwar ging die Goldnachfrage – bestehend aus den Zukäufen der Zentralbanken, des Schmuck-, Tech- und Investmentsektors – um zwei Prozent im Jahresvergleich auf rund 921 Tonnen leicht zurück. Rechnet man aber den außerbörslichen Handel (OTC) hinzu, der einen erheblichen Einfluss auf den Goldpreis haben kann, stieg die Nachfrage sogar um sieben Prozent gegenüber 2022. Das zeigt der neueste Goldnachfragebericht des Branchenverbands World Gold Council (WGC). Alles in allem hat der Goldpreis in US-Dollar seit Jahresbeginn um sechs Prozent zugelegt und steht heute bei 1.934,57 US-Dollar pro Feinunze.
Die größten Zukäufe tätigten die Zentralbanken: Sie packten bis Ende Juni mit 387 Tonnen so viel Gold wie nie zuvor in ihre Tresore. Das hat unter anderem damit zu tun, dass mehr Staaten ihre Abhängigkeit von westlichen Reservewährungen reduzieren wollen. Der Markt für Privatanleger bietet hingegen kein einheitliches Bild: Während sich türkische Investoren angesichts der galoppierenden Inflation in ihrem Land kräftig mit Gold eindeckten, brach das Interesse unter deutschen Anlegern ein. Sie kauften im zweiten Quartal um 78 Prozent weniger Barren und Münzen als im Vorjahresviertel. WGC-Chefmarktstratege John Reade erklärt dies im „Handelsblatt“-Interview mit dem starken Zinsumfeld. Gold wirft keine laufenden Erträge ab und wird dadurch bei steigenden Zinsen auf Spareinlagen zunehmend unattraktiv.
Die Schattenseite des Investments
Ob Gold in der aktuellen Wirtschaftslage als Wertanlage nun taugt oder nicht, darüber wird gerne und emotional gestritten. Was in den Goldmarkt-Berichten häufig kaum Erwähnung findet, sind die nach wie vor katastrophalen sozialen und ökologischen Auswirkungen des glänzenden Edelmetalls. Auf eine Tonne Gestein kommen im Schnitt nicht mehr als ein bis zwei Gramm Gold – je nach Abbaugebiet etwas mehr oder weniger. Um Gold zu schürfen, sind also massive Eingriffe in die Erdoberfläche notwendig. Bevor Gold als Wertanlage, Schmuck oder in Smartphones weiterverarbeitet werden kann, trennen chemische Verfahren das Edelmetall vom Gestein. Dabei setzen die Minenbetreiber oftmals hochgiftige Chemikalien wie Arsen, Quecksilber und Zyanid ein. Die Umweltschutzorganisation WWF kritisiert, dass der Goldbergbau Gewässer kontaminiert und zu einem Verlust an Biodiversität durch Entwaldung führt. Darüber hinaus herrschen mitunter extreme Arbeitsbedingungen in den Goldminen, insbesondere jenen des globalen Südens. Minenarbeiter werden ausgebeutet. Unicef berichtet von lebensgefährlicher Kinderarbeit.
Zwar steigt die Nachfrage nach fair gehandeltem Gold an. Das betrifft in erster Linie aber die Schmuckindustrie. „Grüne“ Barren und Münzen, wie man sie zur Geldanlage nutzt, sind nach wie vor ein Nischenprodukt. Weniger als ein Prozent des weltweiten Goldes stammt bisher aus fairem Handel. Das hat auch mit der Käuferschicht zu tun: Für viele Menschen, die Gold als Wertanlage sehen, besitzen ethische und nachhaltige Aspekte einen relativ geringen Stellenwert. Das legt zumindest eine Online-Umfrage des Magazins „Institutional Money“ nahe, ebenfalls aus dem zweiten Quartal. Demnach gaben 41 Prozent der Teilnehmer an, dass ihnen Nachhaltigkeit bei Gold-Investments „vollkommen egal“ ist. Lediglich jedem vierten Umfrage-Teilnehmer ist das Thema Nachhaltigkeit „sehr wichtig“. Wie viele Menschen online abgestimmt haben, gibt das Magazin nicht bekannt.
Wer zu der Minderheit gehört, der Umweltzerstörung und horrende Arbeitsbedingungen nicht egal ist, achtet auf anerkannte Gütesiegel wie Fairmined und Fairtrade Gold oder auf das freiwillige Zertifizierungsprogramm „Initiative for Responsible Mining Assurance“ (IRMA). Mit dem Kauf von Fairtrade-Gold finanzieren Anlegerinnen bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen für die Goldschürfer. Kinderarbeit ist in Fairtrade-zertifizierten Minen verboten. Zudem stammen zertifizierte Goldbarren weder aus Krisengebieten noch aus abgeholzten Regenwäldern. Eine Liste mit Unternehmen, die mit der Organisation Fairmined zusammenarbeiten, gibt es hier.
Eine Alternative zu Minengold bietet recyceltes Gold aus Schmuck und Elektroschrott. Recycling-Gold macht nur rund ein Viertel des weltweiten Goldangebots aus. Aus Sicht von WWF Deutschland steckt im Recycling enormes Potential, ein Großteil des heutigen Goldabbaus sei schlichtweg unnötig. Um spürbare Fortschritte zu erzielen, braucht es ein größeres Verantwortungsbewusstsein unter Käufern.