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Christoph Bruns Der Seitwärts-Dax: Warum die Entwicklung des deutschen Leitindex täuscht

Christoph Bruns
Christoph Bruns
© Lyndon French
Eine eindrucksvolle Entwicklung scheint der Dax in seiner Geschichte hingelegt zu haben. Doch der Eindruck täuscht, denn der Dax unterscheidet sich an einer wichtigen Stelle von anderen Börsenindizes

Wer die Kursentwicklungen deutscher Aktien beurteilen möchte, der schaut in aller Regel auf den Dax-Index. Im Vergleich mit den bekannten Indizes anderer Länder weist der Dax jedoch die Besonderheit auf, ein sogenannter Performance-Index zu sein. Dabei wird nicht nur die Kursentwicklung abgebildet, sondern es werden auch Ausschüttungen dem Index zugerechnet, sodass der Dax die gesamte Bruttowertentwicklung börsennotierter deutscher Großunternehmen misst. Um aber die Frage zu beantworten, ob sich die Kurse der Dax-Unternehmen besser oder schlechter entwickelt haben als die Aktien in anderen Ländern, tut man gut daran, den sogenannten Kurs-Dax zu betrachten.

Eine solche Betrachtung kommt sodann zu Recht enttäuschenden Schlussfolgerungen. Heute steht der Kurs-Dax mit circa 6.400 Punkten ein kleines bisschen höher als im März des Jahres 2000. Daher lässt sich mit Fug und Recht behaupten, die Dax-Kurse hätten sich in den letzten 23 Jahren seitwärts entwickelt.

Wesentlich stärker haben sich in den vergangenen 23 Jahren amerikanische Aktien hervorgetan, wie man an der sportlichen Entwicklung des S&P500 gut ablesen kann. Bedenkt man, dass Amerika mit der Subprimekrise der Jahre 2007 bis 2009 eine äußerst schwerwiegende Immobilienkrise mit verheerenden Bankverlusten hatte, dann muss es verwundern, dass die Kurse deutscher Aktien nicht besser abgeschnitten haben, zumal die Bundesrepublik seinerzeit keine Immobilienkrise hatte.

Verkümmerte Aktienkultur

Die wesentlich höhere Dynamik des amerikanischen Aktienmarktes verdankt sich gewiss seiner wachstumsstärkeren Branchenstruktur sowie der spektakulären Kursentwicklung einzelner Ausreißerunternehmen aus dem Software-, Kommunikations- und Internetsektor wie Apple, Alphabet (Google), Meta, Microsoft und anderen. Aber auch die tollkühne und damit durchaus dem amerikanischen Frontier-Geist entsprechende Disruption des etablierten Automobilsektors durch Tesla ist hier zu erwähnen. Tesla ist heute an der Börse beinahe so viel wert, wie alle anderen Automobilhersteller der Welt kombiniert.

Aus der starken amerikanischen Aktienmarktentwicklung resultiert auch die überlegene Vermögensbildung für die Bürger der USA, zumal die dortigen Altersvorsorgesysteme viel stärker als hierzulande an die Wirtschaftsentwicklung gekoppelt sind.

In Deutschland ist derweil die Aktienkultur in den letzten zwei Jahrzehnten kaum vorangekommen. Das Land ist eine Nation von Mietern und Zinsanlegern. Dynamische Sachwerte wie Aktienanlagen spielen bei Institutionen und Bürgern keine prominente Rolle. Wohl aber der Staat, der in den letzten Jahrzehnten stark gewachsen ist und mittlerweile selbstzufrieden mehr als jeden zweiten Euro der gesamten deutschen Wirtschaftsleistung durch seine Hände fließen sieht.

Immerhin, der Dax, der die Ausschüttungen der Unternehmen miteinbezieht, hat sich in den letzten 23 Jahren ganz ordentlich entwickelt. Dabei bleibt es ein großes Ärgernis, dass Unternehmensgewinne nach wie vor doppelt besteuert werden, nämlich auf Unternehmens- und dazu noch auf Aktionärsebene. Hinzu kommt, dass auch der leidige Solidaritätszuschlag, von dem bei seiner Einführung im Jahr 1991 gesagt wurde, er solle nur für ein Jahr lang erhoben werden, inzwischen zu einer Dauerreichensteuer mutiert ist.

Zuletzt hieß es in Medien und Politik, die Standortbedingungen in Deutschland müssten verbessert werden. Ich aber sage mit Goethe: „Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“

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